Initiativen gegen Polizeichef

KRITIK Atomkraftgegner, Asta und andere fordern Abberufung von Göttingens Polizeipräsident Robert Kruse: Dieser kriminalisiere friedliche Proteste

Kruse hatte die Demonstranten als links motiviert eingeordnet

In Göttingen wächst die Kritik an Polizeichef Robert Kruse. Rund ein Dutzend Initiativen und Organisationen, darunter auch Jungsozialisten, Grüne Jugend und Piratenpartei, bemängeln seine Amtsführung. Die örtliche Anti-Atom-Initiative und der Asta der Universität verlangen jetzt Kruses Abberufung.

Die Göttinger Atomkraftgegner fordern Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) in einem Offenen Brief auf, Kruse sofort zu entlassen. Ihnen stößt vor allem auf, dass der Polizeipräsident bei der Vorstellung der jüngsten Kriminalstatistik auch die Proteste gegen Mox-Transporte am AKW Grohnde als einen „Schwerpunkt linker Straftaten“ genannt hat.

„Dass friedlicher Widerstand gegen Mox-Brennelemente von Herrn Kruse als linke Kriminalität bezeichnet wird, ist unglaublich“, schreibt die Anti-Atom-Initiative. „Ganze Bundesländer“ hätten im vergangenen Jahr diesen Protest unterstützt, Bremen habe sogar den Umschlag der plutoniumhaltigen Fracht in seinen Häfen verboten.

Das Herbeireden linker Gewaltbereitschaft gehöre seit Jahren zur Leitlinie der Polizeidirektion Göttingen, sagt die Initiative. Damit werde ein hartes Vorgehen gegen Studierenden- und Anti-Atom-Proteste sowie die Stationierung einer eigenen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit begründet.

Der Asta reibt sich an Kruses Sicht auf die Auseinandersetzungen bei einem Besuch des damaligen CDU-Innenministers Uwe Schünemann an der Uni im Januar 2012. Der Polizeichef mache „ausschließlich die Demonstrierenden für die Eskalation verantwortlich und geht davon aus, dass die vermeintlichen Straftaten linksextrem motiviert waren“, sagt Asta-Referent Jonas Neef. Kruse hatte die 17 Demonstranten, gegen die Ermittlungsverfahren eröffnet wurden, als links motiviert eingeordnet – dass auch gegen sieben Polizisten wegen Straftaten ermittelt wurde, erwähnte er nicht.

Seit seinem Antritt hat Pistorius bereits die Polizeipräsident/inn/en in Osnabrück, Oldenburg und Hannover ausgetauscht und den Verfassungsschutz-Chef Hans Wargel durch Maren Brandenburger (SPD) ersetzt. Eine Ablösung Kruses wäre ohne Angaben näherer Gründe möglich: Die Spitzenpositionen im niedersächsischen Sicherheitsapparat sind meist mit politischen Beamten besetzt, die jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können.

Berichtigung

Im Bericht „Initiativen gegen Polizeichef“ (taz.nord vom vergangenen Freitag, 31. Mai 2013) über die Kritik am Göttinger Polizeichef Robert Kruse ist uns ein Fehler unterlaufen. Wir hatten geschrieben: „Kruse hatte die 17 Demonstranten, gegen die Ermittlungsverfahren eröffnet wurden, als links motiviert eingeordnet - dass auch gegen sieben Polizisten wegen Straftaten ermittelt wurde, erwähnte er nicht.“ Das ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass es in einer Pressemitteilung der Göttinger Polizei vom 8. März 2013 hieß: „Auch gegen Polizeibeamte dieses Einsatzes sind sieben Strafanzeigen wegen Körperverletzung im Amt erstattet worden.“ Wir bitten, unseren Irrtum zu entschuldigen. DIE REDAKTION