Er bringt die Liebe mit

ORTSTERMIN Der WDR präsentiert stolz sein Maskottchen und neuen Intendanten Tom Buhrow. Auf seiner Prunksitzung zeigt sich der Siegburger Karnevalist in Hochform

AUS KÖLN JÜRN KRUSE

Endlich hat er die Macht. „Jetzt kann ich die Plätze beim Karneval vergeben“, jubelt Tom Buhrow, als er nach seiner Vorstellung als neuer Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR) den kleinen Sendesaal verlässt.

Buhrow, 54, aus dem rheinländischen Siegburg (nicht aus Troisdorf, wie er betont, wo er lediglich zur Welt gekommen sei, weil der Gynäkologe seiner Mutter dort saß), ist ein überzeugter Karnevalist – und genau so einen haben die WDR-Aufseher gesucht. 41 von 47 Stimmen vereinte der Anchorman der „Tagesthemen“ auf sich. Kölle alaaf!

Sieben Leute sitzen oben auf dem Podium, als Buhrow vorgestellt wird – Vertreter des Rundfunkrats, des Verwaltungsrats, die Justiziarin Eva-Maria Michel, die kommissarisch den WDR nach dem Rücktritt von Monika Piel im April leitet – doch diese Inthronisierung am frühen Mittwochabend ist allein Buhrows Prunksitzung.

Und der lässt sich nicht lumpen: „Spaß ist das A und O“, sagt Buhrow. „Macht ruhig Fehler“, ruft er seinen Mitarbeitern zu. „Ich liebe den WDR!“

Der Sender scheint bei seinem neuen Intendanten ein von der Wissenschaft bisher nicht messbares Maß an Endorphinen freizusetzen – und das sollen auch die Leute da draußen spüren: Ab nächster Woche will Buhrow über die Marktplätze tingeln, er will Werbung machen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Früher habe er sich als Rheinländer empfunden, jetzt sei er Nordrhein-Westfale. Dass er das fühle, verdanke er dem WDR.

Wenn er mit den Marktplätzen durch ist – oder zwischendurch oder nebenbei, bald auf jeden Fall –, will er auch alle KollegInnen heimsuchen. Denn ein Buhrow, der nimmt nicht nur Zuneigung entgegen, der hat auch viel Zärtlichkeit zu geben: „Ich düse im Sauseschritt und bring die Liebe mit“, zitiert er einen NDW-Song der Band DÖF. Buhrow macht eine kurze Pause, überlegt, ob das, was er gerade gesagt hat, Sinn ergibt: „Ja, ich bring die Liebe mit.“ Buhrow strahlt. Applaus im Saal. Es hätte nur noch gefehlt, dass er die Journalisten und Fotografen mit Kamelle’ beschmeißt.

Buhrow, der Mann des Volkes, der einfachen Leute, dessen Mutter einen Gynäkologen in Troisdorf hatte, der kommt an. Denkt er zumindest von sich. „Ich bin ein Typ, der nicht von oben herab mit den Menschen kommuniziert.“ Das habe er schon bei den „Tagesthemen“ so gehandhabt. Er sei in die Hocke gegangen, um dem Zuschauer auf Augenhöhe zu begegnen. Klar, wenn man so weit oben ist und trotzdem einer von denen da unten sein will, muss man sich halt mal bücken.

Jetzt muss er erst mal eine Woche zurück zu den „Tagesthemen“. „Eine Abschiedssendung steht mir doch noch zu, oder?“ Klar, Tommy, steht dir zu. Aber immer schön auf die Augenhöhe achten, auch bei der Suche des Nachfolgers.

Denn es kommt nun zu der bizarren Situation, dass der Vorgänger seinen Nachfolger selbst bestimmen darf. Die Stelle neben Caren Miosga (NDR) wird traditionell vom WDR besetzt. „Dieses Vorschlagsrecht werden wir für uns in Anspruch nehmen“, stellte Buhrow schon mal klar. Der wiederholt ins Gespräch gebrachte Reinhold Beckmann winkte schon mal vorsorglich ab. Als Favorit gilt nun New-York-Korrespondent Thomas Roth. Auch Ingo Zamperoni, der ja heute schon Vertreter von Miosga und Buhrow ist, gilt als einer der Kandidaten. Doch Zamperoni hat einen entscheidenden Makel: Er kommt vom NDR – und so weit reicht Buhrows Liebe dann wohl doch nicht.

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