Schnee von Weihnachten bis Ostern

Ohne künstlichen Schnee aus der Kanone kommt heute kaum ein Wintersportort mehr aus. Das hessische Willingen will jetzt mit dem benachbarten Winterberg gleichziehen und sein Skigebiet aufrüsten. Das soll einen Investitionsschub in der ganzen Tourismusbranche der Region auslösen

Hessens wichtigster Wintersportort investiert in die Zukunft: Mit künstlichem Schnee auf den Pisten will Willingen dem Nachbarort Winterberg im Sauerland Paroli bieten und die Zahl der Urlaubsgäste kräftig steigern. Schnee-Kanonen sollen künftig von Weihnachten bis Ostern für weiße Hänge sorgen und Wintersportlern aus dem In- und Ausland eine Schneegarantie bieten. Erwartet wird ein Investitionsschub auch in andere Tourismusbetriebe der Region. Die zehn Millionen Euro teure Beschneiungsanlage soll bereits in einem Jahr in Betrieb gehen.

Fest im Blick hat Willingen den konkurrierenden Nachbarort Winterberg, der vor vier Jahren mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen eine künstliche Beschneiung einführte. „Das läuft dort ganz hervorragend“, stellt der Willinger Bürgermeister Thomas Trachte fest. „Es gibt dort große Zuwächse bei den Übernachtungsgästen.“ Ziel der Investition in Willingen sei es mitzuhalten, nicht aber dem Nachbarn die Gäste abzujagen. „Wir verstehen uns als eine Urlaubsregion.“

Der Wintersport-Tourismus habe aber so große Bedeutung für den Ort, dass die Schnee-Sicherheit verbessert werden müsse. In 480 Gästebetrieben bietet Willingen 10.000 Betten. 1,2 Millionen Übernachtungen jährlich werden gezählt. Schon wenn auf den Pisten an 60 Tagen garantiert Schnee liege, wie es die künstliche Beschneiung auf jeden Fall ermöglicht, führe dies zu einem zweistelligen Zuwachs der Übernachtungszahlen. Im Schnee reichen letzten Winter mit 65 Schneetagen sei die Zahl der Übernachtungen um 17 Prozent gestiegen.

“Schnee wird buchbar und planbar“, bringt der Geschäftsführer der Ettelsberg-Seilbahn, Jörg Wilke, den Zweck der Investition auf den Punkt. „Wir erwarten mehr Umsatz.“ Die künstliche Beschneiung führe auch zu weiteren Investitionen etwa in Skischulen und -verleih.

Wie der Bürgermeister berichtet, haben Hoteliers bereits in Erwartung zusätzlicher Gäste einen Ausbau ihrer Häuser ins Auge gefasst. Aus Sicht des Regionalmanagements Nordhessen ist die in Willingen geplante Investition vorbildlich, um die Region konkurrenzfähig zu halten. „Nordrhein-Westfalen hat in Winterberg erheblich aufgerüstet“, sagt der Vorsitzende des Regionalmanagements, Holger Schach.

“Wenn wir die Möglichkeit haben, die Pisten komplett zu beschneien, bringt das eine erhebliche Ausweitung der Saison“, sagt der Sprecher des Hessen Touristik Service, Hans-Jürgen Sasse. „Das wäre für Willingen ein echter Schritt nach vorne.“ Willingen sei Hessens wichtigster Wintersportort, der mit dem benachbarten Winterberg viele Touristen aus NRW und den Niederlanden anlocke. Dabei machten beide Orte sich nicht unbedingt Konkurrenz: „Wer einen Urlaub in Willingen bucht, läuft zwischendurch auch in Winterberg und umgekehrt.“

Um die festen Beschneiungsanlagen an den Pisten mit genügend Wasser zu versorgen, ist auf dem Ettelsberg die Anlage eines Speichers in Form eines Bergsees geplant. Dieser kann im Sommer auch zum Schwimmen genutzt werden. Zu den geplanten Investitionen von zehn Millionen Euro möchte das Land Hessen drei Millionen beisteuern. Der Kreis und die Gemeinde steuern 2,2 Millionen Euro bei, die übrigen Kosten teilen sich die vier Betreiber der Willinger Seilbahnen. Außerdem geplant ist, die Seilbahn am Ettelsberg in zwei Jahren durch eine moderne Kabinenbahn zu ersetzen. DPA