Gefahr für grüne Lunge

Gefällte Bäume werden immer seltener durch Neuanpflanzungen ersetzt. SPD, GAL und Naturschutzbund bangen um grüne Metropole Hamburg

„Immer mehr Bäume verschwinden und ihre Plätze bleiben dauerhaft leer“

Von Marco Carini

Christian Maaß ist „alarmiert“. Mit „dieser Politik“, so befürchtet der umweltpolitische Sprecher der GAL-Fraktion, gefährde Hamburg seinen „Ruf als grüne Metropole“. Denn jährlich werden in der Hansestadt einige tausend Bäume gefällt, weil diese alt und krank sind oder Neubauten im Wege stehen. Doch für die Nachpflanzung fehlt meist das Geld. „Jedes Jahr verliert Hamburg 3.000 Bäume“, hat Maaß errechnet.

So machten im vergangenen Winter die Motorsägen 4.380 Bäumen den Garaus. Während in den Hamburger Grünanlagen 2.576 Bäume gefällt wurden, verschwanden gleichzeitig 1.804 Straßenbäume aus dem Stadtbild. Ersetzt wurden im selben Zeitraum aber nur 1.438 Bäume – 782 an den Straßenrändern, 656 im Grün der Hansestadt.

Und auch in diesem Winter soll der Kahlschlag fortgesetzt werden: Während 1.765 Straßenbäume bis Mitte März gefällt werden sollen, ist eine Neuanpflanzung von nur 463 Bäumen geplant.

Noch stehen in Hamburg knapp 250.000 Bäume am Straßenrand, doch die Tendenz ist fallend. „Wir fordern, dass für jeden gefällten Baum ein neuer nachgepflanzt wird“, betont Bernd Quellmalz, Sprecher des Naturschutzbundes (NABU). Denn die Gehölze wandeln nicht nur das Treibhausgas Kohlendioxid in Sauerstoff um, sie tragen auch zu Hamburgs Image als grüne Metropole bei.

„Bäume sind Ausdruck für die Lebensqualität der Stadt“, weiß die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Monika Schaal. Doch sei es augenfällig, „dass immer mehr Bäume verschwinden und ihre Plätze leer bleiben“. Durch diesen „Baumschwund“ drohe Hamburg, „seinen Ruf als grünste Stadt Europas zu verspielen“.

Der Erhalt der grünen Lunge hat seinen Preis: Rund 1.000 Euro kostet Hamburg jede Neuanpflanzung. Da Umweltschutz auf der Prioritätenliste des Senats und der meisten Bezirke weit unten rangiert, wurden die für Baumpflege und Baumerhalt vorgesehenen Mittel gekürzt. Gaben Stadt und Bezirke im Jahr 2000 noch 13,5 Millionen Euro für die „Vorsorge- und Sanierungsmaßnahmen an Bäumen“ sowie für andere „Grünmaßnahmen“ aus, so waren es 2005 nur noch 9,65 Millionen Euro.

Dazu kommt: Immer mehr Straßenbäume sind krank. Da es „in den vergangenen Jahren einen erheblichen Überhang an sanierungsbedürftigen Bäumen gegeben habe“, wurden „die für Nachpflanzungen vorgesehenen Mittel zunächst verstärkt zum Erhalt des bestehenden Baumbestandes eingesetzt“, verrät Umweltbehördensprecher Volker Dumann. Da blieb kaum Geld für neue Bäume. Doch Dumann geht optimistisch davon aus, „dass die Zahl der Neuanpflanzungen die der Fällungen schon bald wieder übersteigen wird.“

Zudem kann Dumann darauf verweisen, dass „in Parks erheblich mehr Bäume angepflanzt“ als abgeholzt werden. Doch auch hier zeigt die Tendenz nach unten: Wurden 2003 noch 33.000 Gehölze gesetzt, waren es 2004 nur 14.000 und im vergangenen Jahr gerade noch 7.000. Dumann mag darin „keine Tendenz“ erkennen. „Wir hatten zuletzt kaum Sturmschäden und haben die ökologische Sanierung der Parks weitgehend abgeschlossen“, interpretiert er die rapide Abnahme der Neupflanzungen.

Trotz hohem Sanierungsbedarf – wie der Zustand der Hamburger Bäume genau ist, will der Senat lieber gar nicht wissen. Die Hansestadt beteiligt sich als einziges Bundesland nicht mehr an den Erhebungen des bundesweiten Waldschadensberichts – offiziell, um jährlich 12.000 Euro einzusparen. Der Ausstieg vor drei Jahren erfolgte, nachdem der Senat der Umweltbehörde die Kompetenz für die Wälder entzogen hatte. Die Zukunft und Pflege der 5.000 Hektar Hamburger Waldgebiet liegt seitdem endlich dort, wo sie hingehört: Bei der Wirtschaftsbehörde.