„.. bei Außenstehenden kein Mitleid erregen“

Deportation Bremer Juden nach Theresienstadt: Jiri Kosta kommt zum Holocaust-Gedenktag ins Rathaus

Bremen taz ■ Mit dem lapidaren Betreff „Abwanderung nach Theresienstadt“ wurden 164 Bremer BürgerInnen jüdischen Glaubens von ihrer bevorstehenden Deportation im Juli 1942 nach Theresienstadt informiert. Die den Nazis eigene Amtssprache lässt in dem Aufruf unter dem Briefkopf der Reichsvereinigung der Juden vom 10. Juli 1942 keinen Zweifel an dem Ernst der Lage. Eine Initiative um den früheren Grünen-Abgeordneten Hermann Kuhn sammelt derzeit Geld für eine Gedenkplatte, mit der in Theresienstadt an die Bremer Juden erinnert soll.

Vor allem kranke, alte und arbeitsunfähige „Volljuden“ sollten deportiert werden. Das jüdische Altersheim in Bremen wurde restlos geräumt, um die „in Betracht kommenden Juden in das Altersghetto Theresienstadt abzuschieben.“ Den Betroffenen wurde ein anderer Eindruck vermittelt: Theresienstadt wurde als Altersheim vorgestellt, in das man sich einkaufen könne, berichtet der Bremer Historiker Dr. Günther Rohdenburg. Das Bremer Staatsarchiv hat in der Publikation „...sind Sie für den geschlossenen Arbeitseinsatz vorgesehen...“ Zeitdokumente über die Bremer Deportationen zusammengetragen.

Das Konzentrationslager Theresienstadt steht für die besondere Perfidie, derer sich die Nationalsozialisten bedienten, um die internationale Öffentlichkeit zu täuschen. Schon 1941 planten die Nationalsozialisten besonders prominente Persönlichkeiten in Theresienstadt zu inhaftieren – das waren Personen, die „im Ausland zu bekannt waren, um einfach in den Osten zu verschwinden“, schreibt Wolf Murmelstein, Sohn des letzten Judenältesten Benjamin Murmelstein. Die ordnungsliebenden Nazis nahmen denn auch eine Unterteilung in A- und B-Prominente vor. Auch Carl Katz, nach 1945 Gründer der „Israelitischen Gemeinde“ in Bremen, bekam als Leiter der Gebäudeverwaltung in Theresienstadt den Status der „B-“Prominenz. Die Nazis benutzten die kulturellen Aktivitäten der inhaftierten Musiker, Maler, Schriftsteller und Schauspieler, um Theresienstadt als „jüdische Mustersiedlung“ aufzubauen. Um einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes im Juli 1944 ein „Vorzeigelager“ präsentieren zu können, erschuf man freundliche Dorfatmosphäre mit Café, Kindergarten und Blumenrabatten. Die meisten Darsteller des Filmes „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ wurden anschließend in Ausschwitz ermordet.

So erging es dem meisten Frauen, Männern und Kindern, die in Theresienstadt inhaftiert waren – wurden sie nicht nach Ausschwitz deportiert und dort ermordet, starben sie in Theresienstadt selbst. Von den 164 im Juli 1942 „abgewanderten“ BremerInnen überlebten 141 in der „vom Führer geschenkten Stadt“ nicht. aha

Aus Anlass des Holocaustgedenktages findet am 26. Januar um 20.00 Uhr im Bremer Rathaus eine Feierstunde des Senats mit einem Vortrag von Professor Dr. Jiri Kosta statt, einem Überlebenden aus Theresienstadt. Unter dem Motto „Bremen unterm Hakenkreuz“ veranstaltet StattReisen Bremen am Sonntag, 29. Januar um 15.00 Uhr einen historischen Stadtrundgang. Infos unter 0421 - 430 56 56