Frieden zwischen Tschad und Sudan hilft Darfur wenig

AFRIKA Nach der Versöhnung zwischen den Diktatoren Déby und Bashir bleibt UNO skeptisch

In Darfur ist eine ungestörte Wahl für Bashir wichtig als Siegesbeweis

BERLIN taz | Eigentlich war es ein historischer Akt der Versöhnung. Tschads Präsident Idriss Déby und Sudans Präsident Omar Hassan al-Bashir gelobten gemeinsam in Sudans Hauptstadt Khartum, „uns die Hände zu reichen und persönlich und direkt zusammenzuarbeiten, um jede Spannung zwischen unseren Ländern zu verhindern und uns Feinden entgegenstellen, die dies nicht mögen werden“, wie es Bashir bei dem Gipfeltreffen am Dienstag ausdrückte. Dann fielen sich die Diktatoren um den Hals und nannten sich „Brüder“.

Noch vor wenigen Jahren waren Déby und Bashir Erzfeinde. Déby unterstützte die Rebellen der westsudanesischen Region Darfur an Tschads Grenze, die sich einem brutalen Vernichtungskrieg von Sudans Armee und verbündeten Milizen gegenübersahen. Sudan beherbergte tschadische Rebellen, die jahrelang jedes Frühjahr versuchten, in die tschadische Hauptstadt N’Djamena vorzustoßen. 2006 gelang ihnen dies beinahe; 2008 später gelang der Darfur-Rebellenarmee JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) im Gegenzug der Vorstoß bis an den Rand von Khartum.

Heute begraben die beiden Präsidenten das Kriegsbeil. Alle Rebellen des jeweils anderen Staats sollen das Staatsgebiet bis zum 21. Februar verlassen, eine gemeinsame 3.000 Mann starke Truppe soll die gemeinsame Grenze sichern. Anders als bei früheren ähnlichen Abkommen rechnen Beobachter diesmal damit, dass der Frieden hält. Denn Déby und Bashir haben derzeit wenig Interesse an einer Destabilisierung des Nachbarn, die erfahrungsgemäß in einer Destabilisierung des eigenen Landes auf sie zurückschlägt.

Im Tschad finden dieses Jahr Parlamentswahlen und im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen statt, im Sudan wird in zwei Monaten gewählt. Bei all diesen Wahlen geht es weniger darum, dass Déby und Bashir Niederlagen drohen könnten, als um den Nachweis, dass sie ihr Land lückenlos kontrollieren.

Besonders in Darfur, wo der Krieg ab 2003 nahezu die Hälfte der sechs Millionen Einwohner in die Flucht getrieben hat, ist eine ungestörte Wahl für Bashir wichtig als Siegesbeweis. Ein fairer Wahlkampf gilt in Darfur als so gut wie unmöglich. Von den mehreren Millionen Kriegsvertriebenen Darfurs, die in Elendsbedingungen in Lagern leben, sind die meisten nicht für die Wahlen registriert – sie würden vermutlich gegen Bashir stimmen. Die Rebellen haben zum Wahlboykott aufgerufen.

Im Zusammenhang mit dem Bestreben Débys und Bashirs, aufsässige Landesteile in den Griff zu bekommen, sind die beiden UN-Blauhelmmissionen in Darfur und im Osten Tschads Störfaktoren. Sie sind zwar beide nur beschränkt handlungsfähig, aber ihre Anwesenheit ist ein Symbol für die Einschränkung der Allmacht der Präsidenten. So könnten sie die prominentesten Opfer der tschadisch-sudanesischen Versöhnung werden.

Tschads Präsident Déby nannte die rund 3.500 Mann starke UN-Mission im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik, die unter anderem eine Viertelmillion Darfur-Flüchtlinge schützen soll, während seines Khartum-Aufenthalts „gescheitert“ und forderte ihren Abzug. Ihr Mandat läuft Mitte März aus. Die über 15.000 Mann starke gemeinsame Friedensmission der UNO und der Afrikanischen Union (AU) in Darfur wird regelmäßig von Sudans Regierung der Komplizenschaft mit Rebellen beschuldigt und in ihrer Bewegungsfreiheit behindert.

Ob die tschadisch-sudanesische Versöhnung die Lage in Darfur verbessert, ist daher zweifelhaft. Während die US-Regierung jetzt auf einen neuen Impuls für die in Katar vor sich hin dümpelnden Darfur-Friedensgespräche hofft, erklärte der für Friedensmissionen zuständige UN-Vizegeneralsekretär Dmitri Titov vor dem UN-Sicherheitsrat am Donnerstag, die Konflikte im Sudan „können nicht durch vorrangige Beschäftigung mit externen Faktoren gelöst werden.“DOMINIC JOHNSON