PAUL BRUNE

Sein Martyrium beginnt 1942, da gerät der siebenjährige Paul Brune in die Fänge der NS-Psychiatrie. Nach der Einweisung in die „Kinderfachabteilung“ in Dortmund-Aplerbeck bewahrt ihn seine Verlegung in das St. Johannesstift in Marsberg ein Jahr später immerhin vor der Ermordung im Euthanasie-Programm der Nazis. Dennoch bleibt Brune, der vom Anstaltspsychiater als „lebensunwert“ eingestuft worden ist und in den letzten Kriegsjahren die „Idiotenschule“ besucht, damit zu einer Anstaltslaufbahn verurteilt, die ihn zeitlebens über seine „Krankenakte“ verfolgen wird.

Misshandlungen sind in Marsberg auch in den 50er Jahren noch an der Tagesordnung. Als 15-Jähriger kommt Brune zu einem Bauern in eine so genannte Pflegefamilie. Dort wird er zweieinhalb Jahre brutalst ausgebeutet und gequält. Er versucht sich das Leben zu nehmen. Zurück in Marsberg wird er von den Ärzten als Psychopath behandelt. Er selbst erreicht 1957 die gerichtliche Aufhebung seiner Entmündigung, er bildet sich, studiert, macht sein Staatsexamen, will Lehrer werden. 1978 verhindert das Gesundheitsamt Bochum jedoch sein Referendariat – unter Hinweis auf seine Akte aus der Nazi-Zeit. Er wird nie in den Schuldienst übernommen.

Seine offizielle Rehabilitierung als NS-Opfer erreicht er nach sechs Petitionen an den NRW-Landtag erst 2003. Der Landschaftsverband Westfalen Lippe entschuldigt sich für die Leiden, die Paul Brune in Einrichtungen seines Vorgängerverbands angetan wurden und beauftragt den Kölner Filmemacher Robert Krieg mit der Arbeit an dem Film „Lebensunwert“ über das Schicksal Brunes, der seit 2005 mehrmals im Fernsehen zu sehen war. BSC