Respektvoll auch im Regen

TURNIER Bei den Respect Gaymes im Jahnsportpark begegnen sich Schwule, Lesben, Heteros und Normalos auf dem Rasen und kämpfen um Punkte und Tore. Alle spielen mit. Nur das Wetter nicht

Das wohl beste Zeichen gegen Homophobie setzen die zahlreichen Jogger

VON ANNA KLÖPPER

Die erste Band kann den Leuten nicht viel mehr als ein freundliches Hüftewackeln im Nieselregen entlocken. Das Wetter hat nicht wirklich Respekt vor den Respect Gaymes 2013, die der Berliner Ableger des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) am Wochenende im Jahnsportpark in Prenzlauer Berg veranstaltete. Ein paar Unentwegte immerhin tanzen auch am frühen Samstagvormittag bereits um die große Pfütze vor der Hauptbühne herum. Und auch Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist schon wach und wippt freundlich im Takt.

Respekt, nicht nur für Lesben und Schwule, sondern überhaupt vor dem Anderen, Toleranz eben, das gehöre „zu Berlin wie die Currywurst“, eröffnet Senatorin Scheeres dann wenig später das auch von der Senatsverwaltung geförderte Programm aus Livemusik, Workshops für alle – Schach, Graffiti, HipHop – und einem Fußball- und Beachvolleyballturnier. Rund 60 Fußballmannschaften sowie etwa 40 Beachvolleyballteams – Vereinsmannschaften (Banane und Gymnastik vor dem Spiel), Hobbykicker (Zigarette und keine Gymnastik vor dem Spiel) und Schülermannschaften, manche lesbisch-schwul, andere nicht – verteilen sich am Ende auf die Spielfelder. Dabei sein wollten eigentlich noch weit mehr, berichtete LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert stolz. „Das ist jetzt mittlerweile die achte Veranstaltung. Was die Teilnehmer angeht, sind die Gaymes inzwischen ein Selbstläufer.“

Bewegung an sich

Die Fußball- und Beachvolleyballturniere seien der Kern der Respect Gaymes, erklärt Steinert. „Sport ist einfach ein sehr unkompliziertes, niedrigschwelliges Mittel, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen und Begegnung zu ermöglichen.“ Und zwar gerade, weil zunächst mal nicht die Frage, wer da gerade wem begegnet, im Vordergrund stehe, sondern einfach nur der Sport, die Bewegung an sich.

Dass Fußball bei der Veranstaltung viel Raum einnimmt, ist kein Zufall. Homophobie in dieser heteronormativ-männlich besetzten Sportart sei eben ein großes Problem, so Steinert: „Von Beleidigungen am Spielfeldrand wie ‚Du Schwuchtel‘ bis hin zu dem Fakt, dass sich in der Bundesliga noch immer kein Spieler öffentlich zu sagen traut, ‚Ich bin schwul‘.“ Es gab zwar einmal ein Coming-out-Interview mit einem Bundesligaspieler im Fluter, der Jugendzeitschrift der Bundeszentrale für Politische Bildung – allerdings wurde das Interview anonym geführt.

Selbst bei den Respect Gaymes hätten heterosexuelle SpielerInnen in der Vergangenheit auch mal „nicht so respektvolle“ Bemerkungen gegenüber lesbisch-schwulen Mannschaften fallen lassen, erzählt Steinert. In diesem Jahr soll das eigens abgestellte Präventionsteam vom Dünja Mädchentreff aus Moabit mögliche Konflikte schlichten. Doch die SpielerInnen schenken den Mädchen einen ruhigen Vormittag und streiten sich lediglich brav um Torchancen, Punkte und Ballbesitz. Johna Amin von der Weddinger Freizeitmannschaft Tikitaka zuckt mit den Schultern. „Am besten, man macht gar nicht so viel Aufhebens um schwul oder lesbisch oder hetero“, findet er. „Ich habe eine Freundin, die ist lesbisch – aber spielt das eine Rolle?“ Ach, schiebt er dann noch schnell nach, er selbst und seine Mannschaftskollegen seien aber übrigens wirklich nicht schwul, die Gaymes seien einfach bloß eine tolle Gelegenheit, gegen andere Mannschaften zu kicken.

Während die Spielflächen im Jahnsportpark voll ausgelastet sind, herrscht zumindest am Vormittag ein eher geringes Zuschauerinteresse auf dem Rest des Geländes. Der geplante Skate-Workshop für Mädchen fällt wegen Rutschgefahr aus, ein lediglich auf dem Zeitplan existenter Rap-Workshop offenbar mangels Masse. An den Infoständen – auch die Lesben- und Schwulenverbände aller großen Parteien sind da und zeigen die Regenbogenflagge – nimmt der Wind noch die meisten Flyer mit.

Durchaus ein paar mehr Zuschauer hätten auch die Jungs und Mädchen von „HipHop geht anders!“ verdient. Zwei Jahre haben Kay, Dennis und Max für ihren ersten Auftritt geübt – und währenddessen offenbar ziemlich gut beatboxen gelernt. Seit 2011 bietet „HipHop geht anders!“ Workshops an Berliner Schulen an, das Ziel des gemeinnützigen Vereins: den SchülerInnen HipHop als Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken, nahezubringen. Es geht um Sprache, um Musik, um Teamgeist. Zugleich, sagt Initiator Dennis Platow, wolle man sexistischen oder gewaltverherrlichenden Texten – „siehe Bushido!“ – etwas entgegnen.

Das wohl beste Zeichen gegen Homophobie setzen am Samstag übrigens die zahlreichen unbeteiligten Jogger, die einfach wie immer ihre Runden auf der Laufbahn im Jahnsportpark drehen – und sich den Platz so ganz selbstverständlich mit den schwul-lesbischen Fußballteams teilen.