„Große Klappe“ der Aborigines

Als erster australischer Ureinwohner durfte er eine Schule leiten

Als der dunkelhäutige Mandawuy Yunupingu 1992 aus einer angesagten Bar in Melbourne verwiesen wurde, sagte er laut einem Medienbericht: „Sie haben sich den falschen Typen ausgesucht. Ich habe eine große Klappe.“ Schon im Jahr darauf erhielt der Ethnomusiker und Schuldirektor den prestigeträchtigen Titel „Australier des Jahres“. Yunupingu hatte inzwischen als Leadsänger und Gitarrist der von ihm 1986 gegründeten Aborigines-Band Yothu Yindu („Kind und Mutter“) die Charts erobert. Mit dem Lied „Treaty“ landeten sie einen Welthit. Darin beklagt die Gruppe, zu der auch weiße Musiker gehörten und die Didgeridoo-Klänge und den Sound traditioneller Klangstäbe (Bilma) mit Rockmusik mischte, das gebrochene Versprechen des damaligen australischen Premiers, das Zusammenleben zwischen Ureinwohnern und anderen durch einen Vertrag zu regeln.

„Treaty“ wurde zur Hymne im Weltmusik-Sound und ihr Autor und Sänger Yunupingu zum Botschafter der Aborigines. Er beschritt dabei den schmalen Grat zwischen Ethnokitsch und politischem Anliegen äußerst erfolgreich. Die Gruppe ging mit Midnight Oil auf US-Tournee, trat mit Neil Young auf und spielte in Deutschland mit Peter Maffay. Sie wurde nicht nur zur Stimme der Aborigines in „down under“ wie in der Welt, sondern sprach sich auch immer wieder glaubwürdig für ein versöhnliches Zusammenleben der verschiedenen Ethnien aus und brachte so Australien trotz mancher Widerstände voran.

Yunupingu stammt vom Volk der Yolngu aus Yikkal in den Northern Territories. Er war der erste Ureinwohner seiner Heimatregion mit einem Universitätsabschluss und wurde später als erster australischer Ureinwohner überhaupt zum Schulleiter ernannt. Dabei entwickelte er eine eigene Pädagogik, in der er westliche Methoden mit denen der Aborigines mischte.

Schon die letzten Jahre litt er an einer schweren Nierenkrankheit. Dreimal die Woche musste er zur Dialyse. Er räumte ein, früher ein Alkoholproblem gehabt zu haben, ein Schicksal, das viele Aborigines teilen. Leider ist auch sein Tod am Sonntag im Alter von nur 56 Jahren typisch für viele australische Ureinwohner. Ihre Lebenserwartung liegt auch heute noch fast zwanzig Jahre unter derjenigen ihrer weißen Landsleute. Mit Yunupingu verliere das Land „eine große australische Stimme beim Versuch der Versöhnung“, sagte Premierministerin Julia Gillard. SVEN HANSEN