Wenn Fundis regieren

Ein Rücktritt wie der von Sozialminister Andreas Renner (CDU) passiert nur in Baden-Württemberg. Wahnsinn!

Kennen Sie Nicole Kressel? Nein? Als US-Präsident George W. Bush sich tagelang nicht um die armen Hurrikan-Opfer von New Orleans kümmerte, äußerte der CDU-Sozial- und Arbeitsminister Andreas Renner in Baden-Württemberg: Ein solches Verhalten könne sich in Deutschland kein Politiker leisten, da könne einem schon der Kamm schwellen. Bush gehöre „abg’schossen“. Kressel forderte prompt des Ministers Rücktritt. Sie soll – so ist zu hören – für die Baden-Württemberger Sozen Mitglied des Deutschen Bundestages sein.

Oder kennen Sie Wolfgang Drexler? Nein? Im Sommer vergangenen Jahres traf jener Minister auf einen Weihbischof. Der nahm den jugendlich wirkenden Mann, zum dritten Mal verheiratet und daher vermutlich hetero, ran. Der Minister hatte die Schirmherrschaft für den Stuttgarter Christopher-Street-Day übernommen und in seinem Grußwort schwule und lesbische Lebensgemeinschaften und deren Bemühen um Kinderaufzucht gewürdigt. Das, so der Bischof, vertrage sich nicht mit dem Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung und dem CDU-Programm. Ein weiterer Bischof applaudierte.

Unser Minister soll dem daraufhin, so des Bischofs Version, vorgehalten haben, dass er als notorischer Zölibatär selbst zu Ehe und Familie nichts beitrage und sich der Zeugungspflicht entziehe. „Halten Sie sich da raus, fangen Sie doch erst einmal damit an, Kinder zu zeugen.“ Der Minister erinnert sich anders: Er habe den Katholiken nur aufgefordert, die Kirche solle zulassen, dass ihre Priester Kinder zeugten. Der Drexler wiederum soll SPD-Fraktionschef in Baden-Württemberg sein. Als des Ministers Rat an den Pfaffen jetzt ruchbar wurde, forderte Drexler seinen Rücktritt. Und – der Mann trat zurück! Und kennen Sie Stefan Mappus? Auch nicht? Der fand den CSD seinerzeit „abstoßend“. Er ist Parteifreund des Ministers und Fraktionschef. Der hat bislang keinen Anlass gesehen, seinen Innenminister zum Rücktritt aufzufordern, weil er Einbürgerungswillige danach befragen lässt, was sie empfinden, wenn sie erfahren, dass ihr Sohn schwul sei. Was Kressel, Drexler, Mappus und die Pfaffen auf diese Frage antworten würden?

P.S.: Meine Kolumne bleibt, anders lautenden Meldungen zum Trotz, gegendarstellungsfrei: Das Landgericht Berlin findet nämlich, dass es gänzlich unerheblich ist, ob der Schauspieler S. mit einer Dame getanzt oder sich von ihr verabschiedet hat. Es hat daher entschieden, dass die B.Z. eine Gegendarstellung von S. nicht abdrucken muss. In der wollte er der B.Z.-Meldung entgegentreten, er habe mit der Dame am Silvesterabend getanzt. Sie erinnern sich: Ich hatte das von der B.Z. übernommen. Was der B.Z. billig ist, soll mir nur recht sein. JONY EISENBERG