Gott will geglaubt werden

betr.: „Experten der Liebe“ von Dirk Knipphals, taz vom 27. 1. 06

Die Formulierung zeigt, dass Sie sich gar nicht vorstellen wollen, dass Gott im Weltbild eines Menschen eine entscheidende Position einnehmen kann. Es bedarf keines Glaubens, sich den Gottesglauben eines Menschen vorzustellen. Es ist eine Anstrengung intellektueller Redlichkeit. Wenn im Weltbild eines Menschen Gott Ursache und Ziel der Welt ist, dann ist es albern, ihm vorzuwerfen, „nur“ Gott sei die Lösung. Ja wer denn sonst?

Ihr „nur Gott“ zeigt, dass Sie fundamentalistisch denken: Zwar nehmen Sie es hin, dass jemand sich religiös nennt, Sie haben aber nicht die Spur von Bereitschaft, ein religiöses Weltbild als ernst und berechtigt hinzunehmen. In Ihrem Milieu heißt aber diese herablassendste Art von Fundamentalismus nicht so, sondern Ideologiekritik. Und ideologiekritisch gesättigt klingt Ihr Kommentar dann auch aus.

„Gott oder die liberalen Institutionen …“. Gott will geglaubt werden, das ist richtig. Aber die liberalen Institutionen? Sie sind doch kein Bekenntnisgegenstand. Sie sind ein Resultat des Konsenses. Das gerade macht sie liberal. Man kann vieles glauben und gleichzeitig Verteidiger der liberalen Institutionen sein. Ihre Humanität liegt darin, dass sie kein Bekenntnis verlangen, dass sie eben nicht geglaubt werden wollen – sondern schlicht praktiziert. Versuchen Sie nicht, die liberalen Institutionen zu einer Konfession unter anderen zu erheben. Das ist zutiefst antiliberal. Aber das ist ja, glaube ich, durchaus in Ihrem Sinne. BERND DRASER, Baar