Öl ist ökologisch besser

OLIVENÖL Es ist besonders gesund, bietet eine breite Geschmacksvielfalt und wird auf traditionelle Art hergestellt. Bioqualität sorgt für Transparenz

Verzicht auf Chemie bedeutet auch den Verzicht auf 20 bis 30 Prozent der Erträge

Spanier und Italienern haben zwar nach wie vor die Nase deutlich vorn, wenn’s um den Genuss von Olivenöl geht. Aber auch hierzulande wächst seine Bedeutung für eine bewusste Ernährung. Der Nutzen sekundärer Pflanzenstoffe, die cholesterinsenkende Wirkung, aber auch der besondere Geschmack von zart-süß bis rassig-bitter haben sich herumgesprochen. Längst gibt es Kenner, die gutes Olivenöl wie guten Wein behandeln, verkosten und schätzen. Sie filtern Noten von Minze, grünen Tomaten oder reifen Bananen heraus und attestieren den extra nativen Gaumenschmeichlern samtige bis pikante Abgänge. Doch nicht nur die Geschmacksvielfalt, auch die Qualitätsanforderungen für gutes Olivenöl sind wie bei Wein immens.

Ein Versuch, diesen Ansprüchen auf eine transparente Art gerecht zu werden, ist die ökologische Erzeugung mit Zertifizierung. Das Ökosiegel soll dem Verbraucher mit einem Blick vermitteln, dass man sich bei Anbau und Verarbeitung an strenge Regeln gehalten hat. Dazu zählt vor allem der naturnahe Anbau, also der Verzicht auf Chemie. Die Olivenfliege, mächtigster Feind des Olivenbauers, wird nicht mit Insektiziden bekämpft, sondern mit Pheromonen in die sexuelle Irre gelockt. Gegen Pilzbefall kann laut EU-Ökoverordnung Kupfer verwendet werden, wenngleich diese in der Biobranche übliche Spritzung mit einem Schwermetall umstritten ist. Der wasser- und nährstoffraubende Unterwuchs wird durch Schafe und Ziegen klein gehalten oder abgemäht und anschließend als Dünger verwendet.

Bei der meist von Hand durchgeführten Ernte zeigt sich, dass der Verzicht auf Chemie auch den Verzicht auf 20 bis 30 Prozent der Erträge des konventionellen Anbaus bedeutet. Begünstigt das Klima die Olivenfliege, sinkt der Ertrag noch weiter. Doch entstammen ökologische Oliven einer intakten, nicht rücksichtslos ausgebeuteten Landschaft, die dem Olivenbaum als einer der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit gerecht wird.

Bei der Gewinnung von Bioolivenöl dürfen nur mechanische Pressmethoden direkt nach der Ernte eingesetzt werden. Besonders kleine, traditionelle Ölmühlen haben es ohnehin nie anders gemacht. Am Ende steht im Idealfall ein hochwertiges, schonend gepresstes Öl, das ohne chemische Rückstände ausgeliefert werden kann.

Gut 30 Prozent der weltweit ökologisch angebauten Olivenbäume wachsen in Italien, knapp gefolgt von Spanien und Tunesien. Die weiteren Plätze belegen ebenfalls klassische Olivenölländer aus dem Mittelmeerraum. Gut ein Zehntel der italienischen Oliven stammen aus Ökoanbau, wobei die südlichen Regionen wie Apulien und Kalabrien den größten Anteil haben. Der überwiegende Teil wird zu Bioolivenöl verarbeitet.

Einige der dabei entstehenden Öle können auf der BioFach 2010 verkostet werden. Außerdem wird zum dritten Mal ein Publikumspreis für das beste Olivenöl ausgelobt. Die Fachbesucher bekommen hierbei kleine Schälchen mit Öl in die Hand. Hat das flüssige Gold die perfekte Temperatur von 25 bis 28 Grad erreicht, kann die Degustation beginnen, welche im Idealfall zu einer Geschmacksexplosion am Gaumen ausufert.

Vor allem kleinere Erzeuger konnten im Vorjahr überzeugen. Zu ihnen gehörte auch Corovita, das 2009 mit seinem Öl von der türkischen Westküste den fünften Platz belegte. Deniz Sem, Inhaber des türkischen Familienunternehmens, erkannte frühzeitig den Trend zu ökologischen Olivenölen. Ein weiterer Pluspunkt: „Vom Olivenfeld bis zur Flasche im Regal kommt bei uns alles aus einer Hand. Das ist ein großer Vorteil“, stellt Sen heraus.

Was passieren kann, wenn eine solche ständige Kontrolle bei der Herstellung fehlt, zeigte die Stiftung Warentest 2005. Diese stellte ausgerechnet bei Bioolivenölen namhafter Firmen gefährliche Weichmacher fest. Die Beseitigung der Ursachen kostete Millionen und zeigte die Schwächen des noch jungen Systems auf, aus denen inzwischen gelernt wurde.

Doch auch Kleinstanbieter, die ihre Öle auf fast noch romantische Art und Weise uralten Hainen mit wenigen Bäumen abtrotzen, haben ihre Probleme mit „Bio“. Sie können sich oftmals keine Zertifizierung leisten trotz sehr guter Qualität. So kann es sein, dass das wohlschmeckendste, gesündeste und im perfekten Einklang mit der Natur erzeugte Olivenöl nie ein Bio-Siegel tragen wird. DENNY CARL