Come together

FAIRER HANDEL Das Leitthema der diesjährigen Messe wirft die Frage auf, wie zusammengebracht werden kann, was zusammengehört

Wer Menschenrechte verletzt, sollte nicht mit dem Begriff ‚Bio‘ für seine Produkte werben

VON FRANK HERRMANN

Bio allein genügt nicht: Waren wie Kaffee, Kosmetik und Wein werden immer häufiger nicht nur umweltschonend, sondern auch sozial verantwortlich produziert. Welche Bedeutung die Kombination Bio & Fair inzwischen genießt, zeigen die Weltleitmessen BioFach und Vivaness. Sie stehen 2010 ganz im Zeichen von „Organic+Fair“. „Immer mehr Verbraucher wollen wissen, wie die Produkte entstanden sind, die in ihren Einkaufskörben landen“, so Udo Funke, Projektleiter BioFach und Vivaness.

Wie sehr die Messeveranstalter mit dem „Thema des Jahres 2010“ auf dem richtigen Weg sind, belegen Zahlen eindrucksvoll: Der Faire Handel konnte seinen weltweiten Umsatz 2008 nach Angaben des Bonner Vereins TransFair gegenüber dem Vorjahr um 25 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro steigern. Allein in Deutschland stieg der Verkauf von Produkten mit dem Fairtrade-Siegel auf 212 Millionen Euro – ein Plus von 34 Prozent gegenüber 2007.

Es ist sinnvoll, dass Fair & Bio fusionieren. Denn Biobananen aus Südamerika würden dem Konsumenten schnell im Hals stecken bleiben, wüsste er, dass die Plantagenarbeiter bei ihrem Anbau oftmals ausgebeutet werden. Ähnliches gilt umgekehrt für Waren, die nur fair produziert werden, bei denen aber die Biokomponente fehlt: So werden in Entwicklungsländern 70 Prozent der eingesetzten Schädlingsbekämpfungsmittel auf Kaffee, Tee, Zucker und tropischen Früchten ausgebracht, informiert der Bonner Verein TransFair. Ganz deutlich hat es der internationale Bio-Dachverband Ifoam in seinen Leitlinien formuliert: „Wer Menschenrechte verletzt, darf nicht mit dem Begriff ‚Bio‘ für seine Produkte werben.“

Bereits 2008 klebte auf zwei von drei fair gehandelten Produkten das Biosiegel nach EG-Ökoverordnung – Tendenz steigend. „Bio und Fair beflügeln sich gegenseitig und sind in der Kombination unschlagbar“, sagt Thomas Speck, Chef der Gepa, der führenden deutschen Importorganisation für fair gehandelte Waren.

Nach Angaben des Forums Fairer Handel sind 72 Prozent der Gepa-Lebensmittel bio-zertifiziert. Noch höher ist der Bioanteil bei der Konkurrenz: bei El Puente sind es rund 80 Prozent, bei dwp 92 Prozent, und die fairen Produkte der Kooperative Ethiquable Deutschland, die im März 2010 auf den hiesigen Markt kommen werden, sind sogar zu 100 Prozent bio-zertifiziert.

Nicht ganz so überzeugend wirkt die „biofaire“ Bilanz allerdings, wenn man sich einzelne Produktgruppen genauer anschaut. Während der Bioanteil bei fair gehandelten Bananen 2008 in Deutschland nach Angaben von TransFair 96 Prozent betrug, lag er bei Rosen bei null Prozent. Großer Nachholbedarf besteht auch bei Fruchtsaft und Textilien (je 5 Prozent).

Die niedrigen Werte einzelner Produkte veranschaulichen, dass es keineswegs selbstverständlich es, dass faire Produkte automatisch auch organisch angebaut werden – oder dass umgekehrt Bioerzeugnisse immer soziale Standards erfüllen.

Auch wenn der Faire Handel seinen Produzentengruppen eine Umstellung auf biologischen Anbau empfiehlt, ist dies keine Voraussetzung, um beispielsweise in das Produzentenregister der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) aufgenommen zu werden. „Wäre der Bioanbau eine Bedingung, um am Fairen Handel teilnehmen zu dürfen, würden viele Kleinbauern von vorneherein ausgeschlossen“, sagt Claudia Brück, Pressesprecherin bei TransFair. Obwohl sie traditionell eher ökologisch arbeiten – Pestizide oder Dünger sind teuer –, stellt die Zertifizierung für die Bauern in Ländern der Dritten Welt oftmals eine hohe technische, organisatorische und finanzielle Hürde dar.

Die Schwierigkeiten der Kleinbauern, die Normen für das begehrte Biosiegel zu erfüllen, sind den Zertifizierern durchaus bekannt. Sie bemühen sich ebenfalls um eine Harmonisierung von Bio & Fair.

So bietet der Schweizer Biozertifizierer IMO mit dem Label „fair for life“ einen Standard an, mit dem sich Unternehmen nach sozialen und ökologischen Kriterien zertifizieren lassen können. Eine Bio- und Fairzertifizierung aus einer Hand ermöglicht das französische Unternehmen Ecocert. Der Biozertifizierer orientiert sich mit seinem fairen Standard an den FLO-Richtlinien.

Doch letztlich entscheidet der Verbraucher, ob er Produkte kauft, die im doppelten Sinn „sauber“ sind. Bleibt nur zu hoffen, dass er die entsprechenden Waren auch schnell im Laden oder Supermarkt erkennen kann.

Dazu müsste sich der momentane Label-Dschungel ein wenig lichten sowie Bio & Fair harmonisiert werden. Ein gemeinsames Siegel, das Bio & Fair vereint, ist aber nach Angaben von TransFair bislang nicht geplant.