Weniger Bürger, aber mehr Touristen

WIRTSCHAFT Berlins Bevölkerungszahl ist überraschend gesunken, aber der Besucherstrom reißt nicht ab. Laut Wirtschaftssenatorin Yzer (CDU) ist der Gründerboom längst nicht zu Ende, aber er flacht ab

Die offizielle Bevölkerung Berlins ist mit den Ergebnissen des Zensus 2011 um 180.000 gesunken – dagegen steigt die Zahl der Touristen in der Stadt weiter unaufhörlich. Knapp 2,3 Millionen Gäste kamen zwischen Januar und März 2013 nach Berlin, das sind 5,2 Prozent mehr als im ersten Quartal 2012. Die Zahl der Übernachtungen stieg sogar um 12,3 Prozent auf 5,2 Millionen. Bei den ausländischen Touristen bilden Briten, Italiener und US-Bürger die größte Gruppe. Dies geht aus dem aktuellen Konjunkturbericht hervor, den die Senatsverwaltung für Wirtschaft am Donnerstag veröffentlicht hat.

Demnach verzeichneten Gastgewerbe und Einzelhandel leichte Steigerungen ihrer Umsätze und Beschäftigtenzahlen, während die Industriebetriebe einen Rückgang um je 0,1 Prozent verzeichnen mussten.

Abgeflacht ist der Gründerboom: Die Zahl neu gegründeter Unternehmen liegt zwar weiter auf einem hohen Niveau, ging jedoch gegenüber dem ersten Quartal 2012 um über 10 Prozent zurück. 10.349 neue Gewerbe wurden zwischen Januar und März dieses Jahres angemeldet, Ende März 2012 waren es 11.620. Was das sogenannte Gründungsgeschehen betrifft, ist Berlin sowohl bei der Zahl der Neuerrichtungen als auch beim Saldo aus Neuerrichtungen und Stilllegungen so rege wie kein anderes Bundesland. „Berlin bleibt die Gründerhauptstadt Deutschlands“, sagte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU).

77 Prozent der Neugründungen entfielen auf den Dienstleistungssektor, doch die stärkste Einzelbranche ist das Baugewerbe: Fast 1.900 Neugründungen gab es hier, wohl auch in Erwartung der von der Politik vorgegebenen Marschrichtung Wohnungsneubau.

Mehr Beschäftigte

Positiv ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Insgesamt gibt es in Berlin 33.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mehr als vor einem Jahr, was einem Plus von 2,8 Prozent entspricht. „Das entspricht einem Anstieg, der in keinem anderen Bundesland erreicht wurde“, sagte die Wirtschaftssenatorin. Knapp 213.000 BerlinerInnen sind in den Jobcentern der Stadt als arbeitslos registriert. Damit liegt die Arbeitslosenquote bei 11,8 Prozent – 5 Prozentpunkte über dem deutschen Schnitt.

Ein großes Problem bleibt die Situation des Ausbildungsmarktes in Berlin: Zwar zeichnete die Industrie- und Handelskammer am Donnerstag die Baumarktkette Hornbach und die Black Box Music Veranstaltungstechnik GmbH als „Berlins beste Ausbildungsbetriebe“ aus und lobte deren intensives Engagement für die berufliche Nachwuchsförderung. Doch der Anteil der Azubis an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten liegt bei nur 4,3 Prozent – das ist die niedrigste Ausbildungsquote aller Bundesländer. Nur 21 von 100 Unternehmen in Berlin bilden aus. SEBASTIAN PUSCHNER