unterm strich
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Sechzig Integrationsforscher kritisieren in einem offenen Brief in der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit, dass sich die deutsche Integrationspolitik im Wesentlichen auf Vorurteile stütze. Die Wissenschaftler, angeführt von dem Kölner Psychologen und Publizisten Mark Terkessidis und der Bremer Erziehungswissenschaftlerin Prof. Yasemin Karakasoglu, gehen insbesondere mit der Sachbuchautorin und Soziologin Necla Kelek und ihrem Bestseller „Die fremde Braut“ über türkische Zwangsehen hart ins Gericht. Die in „höchstem Maße unseriöse Arbeit“ Keleks (so mancher Leser und so manche Leserin werden sie von den Seiten der taz kennen) zeichne ein Zerrbild des Islam, sei aber gleichwohl in Deutschland von amtlicher Seite empfohlen, vom ehemaligen Innenminister Schily gepriesen und mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet worden. „Große Teile der Verwaltung, Ministerien und Medien“, heißt es weiter, griffen „lieber auf unseriöse Pamphlete“ zurück als auf differenzierte Forschung. So entstünden „ungenaue und vorurteilsbeladene Vorstellungen über den Islam und die Migranten“. In dem Brief heißt es weiter, arrangierte Ehen seien unter anderem eine Folge von „Heiratsmärkten“ zwischen Herkunfts- und Einwanderungsländern. Solche „Märkte“ müsse man nicht begrüßen, aber man solle ihren Entstehungskontext begreifen: „Sie sind das Ergebnis der Abschottungspolitik Europas gegenüber geregelter Einwanderungspolitik. Wenn es keine transparenten Möglichkeiten zur Einwanderung gibt, nutzen die Auswanderungswilligen Schlupflöcher.“ Eine rationale Diskussion über die zukünftige Gestaltung der Einwanderungsgesellschaft könne man nicht auf der Grundlage von Boulevardliteratur führen.