Niederlage für Tony Blair im Unterhaus

Gesetz gegen Hassprediger verfehlt nötige Mehrheit. Abtrünnige Labour-Abgeordnete: Meinungsfreiheit in Gefahr

LONDON afp ■ Im Streit um ein Gesetz gegen religiöse Hassprediger haben Abgeordnete der britischen Labour-Partei ihrem Premierminister Tony Blair eine Niederlage im Parlament bereitet. Bei zwei Abstimmungen im Londoner Unterhaus am Dienstagabend verfehlte der Entwurf die erforderliche Stimmenzahl, obwohl Blairs Labour-Partei über eine absolute Mehrheit der Mandate verfügt. Zahlreiche Labour-Abgeordnete verweigerten ihm die Gefolgschaft, weil sie durch den Gesetzentwurf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in Gefahr sahen. Die geplante Neuregelung sah Strafen für so genannte Hassprediger vor, die sich aufwiegelnder und hetzerischer Rhetorik bedienen.

Besonders die zweite Abstimmung war für Blair schmerzhaft: Mit 283 zu 282 Stimmen wurde die Mehrheit nur knapp verfehlt. Blair selbst hatte laut Parlamentsunterlagen in der zweiten Runde nicht mehr mitgestimmt und so zu der Niederlage beigetragen. Bei der ersten Abstimmung war die Ablehnung mit 288 zu 278 Stimmen noch deutlicher ausgefallen. Die oppositionellen Konservativen forderten Blairs Rücktritt. Es wurde erwartet, dass das Abstimmungsdebakel neue Debatten über Blairs politische Zukunft entfachen wird.

Mehrheitlich angenommen wurde im Unterhaus ein abgeschwächter Entwurf mit einer Ergänzung des britischen Oberhauses. Die Lords hatten der Regierungsvorlage aus Sorge um die Meinungsfreiheit einige mildere Bestimmungen hinzugefügt: So soll nur die Aufstachelung religiösen Hasses durch bedrohliche Worte und Taten, nicht aber durch bloße Beleidigungen strafbar sein. Zudem fügte das Oberhaus einen Passus hinzu, wonach die Aufstachelung vorsätzlich geschehen muss. Ausdrücklich nicht unter Strafe gestellt wurden das Kritisieren, Beleidigen oder Lächerlichmachen von Religion. Blair hatte an einem schärferen Entwurf festgehalten und die Labour-Abgeordneten aufgefordert, den Entwurf der Lords zu überstimmen.

Innenminister Charles Clarke hob nach der Abstimmung hervor, dass immerhin die abgeschwächte Form des Gesetzes in Kraft treten könne. „Wir freuen uns, dass wir ein Gesetz haben, die sich mit der Anstachelung religiösen Hasses auseinander setzt“, sagte er. Vor zwei Monaten hatte Blair im Unterhaus eine Niederlage erlitten. Die Abgeordneten lehnten den Plan ab, Terrorverdächtige für 90 Tage ohne Anklage inhaftieren zu können. Das Unterhaus stimmte einer Frist von höchstens 28 Tagen zu.