Großer Erfolg für die „Drängelsteuer“

Ein Monat Citymaut in Stockholm: Viele Autos bleiben in der Garage, die Einnahmen fallen geringer aus als erwartet

STOCKHOLM taz ■ 25 Prozent weniger Verkehr in der Innenstadt, kaum noch Staus, kürzere Fahrtzeiten, mehr Fahrgäste in den Bahnen und Bussen: Nach einem Monat fällt die Bilanz positiv aus bei Stockholms neuer Citymaut. Gunnar Söderholm, Chef der zuständigen kommunalen Behörde, ist „sehr zufrieden“. Zwischen 6.30 und 18.30 Uhr werden maximal 5,50 Euro fällig. Am 17. September entscheiden die Stockholmer in einer Volksbefragung, ob die Maut bleiben soll.

Anders als bei der deutschen Lkw-Maut gab es keine technischen Startprobleme. Rund 300.000 Fahrzeuge passieren täglich die Kamerabrücken; etwa 95 Prozent der Nummernschilder können automatisch abgelesen werden, der Rest muss manuell ausgewertet werden. Vor dem Mautstart hatte die Boulevardpresse die Befürchtung gestreut, die schwedischen Autofahrer würden sich einen Sport daraus machen, die Kameras zu verwirren, indem sie etwa ihre Schilder mit Dreck verschmieren, Prisma- und Spiegelfolien anbringen oder das Nummernschilder nach unten abwinkeln. Doch die unlesbaren Kennzeichen bewegen sich im Promillebereich. Eine drohende Strafe von 80 bis 100 Euro für ein unleserliches Kennzeichen rechnet sich bei höchstens 5,50 Euro Citymaut auch nicht wirklich.

200 Millionen Euro hat die Technik gekostet. Lieferant IBM hofft auf Folgeaufträge. Interesse hätten bereits Kopenhagen, Amsterdam, Rotterdam, Rom und Genua signalisiert. Auch aus einigen deutschen Städten soll es Anfragen geben.

Sollten die Stockholmer weiterhin so häufig ihr Auto in der Garage lassen, wird die Stadt wohl die erwarteten Einnahmen nach unten korrigieren müssen. Diese Entwicklung war auch schon bei der Citymaut in London zu beobachten. Dort wurde dann einfach die Maut von 5 auf 8 Pfund erhöht, um trotz des verminderten Verkehrs die vorgesehenen Verkehrsinvestitionen vorzunehmen. Diesen Weg will man in Stockholm nicht gehen. Die Einnahmen aus der neuen Steuer sind nämlich nicht für konkrete Projekte verplant, sondern sollen erst einmal die Mauttechnik selbst und den in letzter Zeit kräftig verbesserten öffentlichen Nahverkehr finanzieren.REINHARD WOLFF