Nachwuchs muckt auf

Bockige Praktikanten wollen sich nicht länger ausbeuten lassen – jetzt schlagen sie zurück und verweigern Arbeit

Die Praktikanten von heute kochen keinen Kaffee mehr und sortieren auch nicht die Ablage. Im Gegenteil: Sie tragen volle Verantwortung: Sie betreuen Kunden in einer Marketingagentur, bearbeiten ein eigenes Projekt in einem Chemieunternehmen und stehen im Schauspielhaus auf der Bühne. Geld muss es dafür jedoch nicht geben, meinen viele Arbeitgeber. Schließlich flautet die Konjunktur nun mal, da müsse man doch Verständnis haben. Und vielleicht ergibt sich ja später etwas, falls mal eine Stelle frei werden sollte. Lange haben die Praktikanten sich das gefallen lassen - doch damit ist jetzt Schluss.

„Boykottieren Sie unbezahlte Praktikumsstellen!“, riet Matthias Stolz am Mittwochabend den StudentInnen der Universität Düsseldorf zu. Stolz hat als Redakteur der Zeit im vergangenen Jahr über die „Generation Praktikum“ geschrieben. Für die Podiumsdiskussion zu diesem Thema, die die Heinrich-Böll-Stiftung NRW und eine Projektgruppe an der Uni organisiert haben, war er darum natürlich der passende Experte. Ausbeutung sieht Stolz ganz besonders dann, wenn profitorientierte Unternehmen PraktikantInnen mit bereits abgeschlossenem Studium suchen für einen Lohn, der zum Leben nicht reicht. Finger weg von solchen Jobs, riet Stolz: „Das vernichtet richtige Stellen. Machen Sie sich lieber selbstständig.“

Unterstützung bekam der Journalist von einer der Praktikumsbeauftragten der Uni Düsseldorf: „Rund 70 Prozent der Studenten machen in ihren Praktika vollwertige Arbeiten, die sonst Angestellte erledigen würden.“ Und Dorothee Fricke vom Magazin Karriere wies darauf hin, dass es sich auch für die Firmen mittelfristig lohnt, rücksichtsvoll mit Praktikanten umzugehen: „Niemand will später zu einem Unternehmen, von dem er mal ausgebeutet wurde.“

Als Vorzeigeunternehmen wollte sich die Werbeagentur BBDO präsentieren: Immerhin zahlt sie ihren Praktikanten mindestens 600 Euro pro Monat. „Für eine Vollzeitstelle?“, fragte Christian Wolf nach, der Sozialwissenschaften in Düsseldorf studiert. „Da verdiene ich ja in einem Viertel der Zeit bei einer Tankstelle mehr Geld!“ Antwort der BBDO-Vertreterin: „Dann eben Tankstelle. Das kann ja jeder frei entscheiden.“

Wenn der Boykott zieht, werden BBDO und Co. sich solche Unverschämtheiten nicht mehr lange leisten können. SEBASTIAN HEISER