Hansestadt bleibt Tor zur Welt

Kaum noch Chance auf Asyl: Zahl der Anträge sinkt weiter, Hamburg mit 1.679 Abschiebungen im Städtevergleich „auf hohem Niveau“, immer mehr Migranten ausreisepflichtig. Innensenator Nagel veröffentlicht Jahresbilanz der Ausländerbehörde

von Eva Weikert

Hamburg registriert immer weniger Flüchtlinge. Die Zahl der Anträge auf Asyl oder Duldung ist im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen. Die Stadt zählte insgesamt noch 15.775 Asylbewerber und offiziell Ausreisepflichtige – 1.400 Flüchtlinge weniger als 2004. Gegenüber 2001 ist das sogar ein Rückgang um 8.000 Menschen. Ein wichtiger Grund dafür sei die „Sicherung der EU-Außengrenzen“, sagte Innensenator Udo Nagel (parteilos) gestern bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Einwohnerzentralamtes.

Zugleich betonte er, auch in Zukunft an der „konsequenten Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer“ festzuhalten. Die Abschiebezahlen bewegten sich in Hamburg weiterhin „auf hohem Niveau“. Zwar ist die Zahl der Abschiebungen gegenüber 2004 um 744 auf 1.679 weiter gesunken. Nagel hält den Wert aber gleichwohl für „hoch“. Berlin etwa habe Ende Dezember lediglich 1.425 Abschiebungen gezählt. Wie der Senator mit Verweis auf andere Städte und Bundesländer meinte, „sind die sinkenden Rückführungszahlen allgemeiner Trend“.

Hauptursache dafür sei die EU-Erweiterung 2004 um zehn Länder. Die Schwelle für Abschiebungen dorthin sei deutlich erhöht worden, sodass „Rückführungen jetzt so gut wie nicht mehr gehen“, ergänzte Amtsleiter Ralph Bornhöft. Zugleich beklagte er, Ausweisungen seien in vielen Fällen „schwierig“, weil Betroffene zunehmend Abschiebehindernisse vortrügen. Deren Stichhaltigkeit zu prüfen, sei „in nicht unerheblichem Maße“ personal- und zeitaufwendig.

Wie Bornhöft weiter ausführte, stellten nach 2.229 Menschen in 2004 voriges Jahr nur noch 1.599 Flüchtlinge in der Hansestadt einen Asylantrag. Zwei Drittel von ihnen wurden in andere Bundesländer geschickt, sodass 529 hier blieben. Die Zahl jener, die um eine Aussetzung der Abschiebung – eine Duldung – baten, sank gegenüber dem Vorjahr um 109 auf 299. Insgesamt aber wuchs die Zahl der Flüchtlinge mit dem wackeligen Status um 448 auf 12.155 in der Stadt an.

Wie Flüchtlingshelfer und auch die Grünen kritisieren, lebt ein großer Teil der Geduldeten über viele Jahre mit dem Status, der ihnen untersagt, zu arbeiten und eine Wohnung zu mieten. Die dauernde Unsicherheit und Diskriminierung mache die Betroffenen kaputt. Das seit einem Jahr bundesweit gültige Zuwanderungsgesetz zielt darauf ab, die Praxis der Kettenduldungen abzuschaffen und den Status auf 18 Monate zu begrenzen. Nagel sagte, „Kettenduldungen gibt es in Hamburg weiterhin“, nicht das Verfahren, sondern das Gesetz müsse „evaluiert“ werden.

Die größte Gruppe unter den Geduldeten stellen in Hamburg mit knapp 3.000 die Afghanen. Zwei Drittel von ihnen hätten einen Antrag auf ein Bleiberecht gestellt, berichtete der Senator. Von den bisher 440 geprüften Ersuchen seien vier Fünftel abgeschmettert worden. Der CDU-Senat war im April 2005 die erste Landesregierung, die Menschen in das kriegszerstörte Afghanistan zurückschickte. Bisher lässt Nagel ledige Männer und Ehepaare zurückbringen. Über den Start von Abschiebungen lediger Frauen und Familien sagte sein Amtsleiter Bornhöft: „Wir haben keinen Zeitplan.“

Nach der Bilanz des Amtes sind seit Mai 42 Afghanen zwangsweise zurückgekehrt, 33 zum Flughafen bestellte sind untergetaucht. Damit verfehlte Senator Nagel das von der CDU erklärte Ziel, 2005 mindestens 300 Flüchtlinge abzuschieben. Trotzdem versicherte der Behördenpräses nun: „Ich bin mit der erreichten Zahl zufrieden.“