#hochwasserhilfe

ONLINE-MOBILISIERUNG Der Einsatz in den überschwemmten Regionen wird im Netz organisiert – vor allem auf Facebook und Twitter

BERLIN taz | „Bitte derzeit keine Sachspenden, die Lager sind voll.“ Der Hinweis prangt ganz oben auf der Facebook-Seite „Passau räumt auf“. 16.500 Nutzern des sozialen Netzwerks gefällt das. 2.000 bis 3.000 Helfer haben die Seitenbetreiber in der vergangenen Woche täglich durch die flutgeschädigte Stadt geschickt. Gegründet wurde die Gruppe von Studierenden der Dreiflüssestadt.

In Meißen sind es Pfadfinder, die eine Helfertruppe im Internet organisieren. „Wir brauchen schnell 30 Mann mit gummistiefel am Tunnel und 20 in der Dresdener Straße um eine Fußgänger Verbindung zu bauen“, heißt es auf ihrer Seite, die sie „Fliegende Helfer Hochwasser Meißen“ genannt haben.

Während in Passau mittlerweile alles halbwegs unter Kontrolle zu sein scheint, ist der Bedarf an Helfern in Meißen noch hoch: „Brauche etwa 5 Helfer auf der Fischergasse 5 zum auskärchern meiner Wohnung“, geben sie einen Hilferuf weiter. „Uns wurde auf der neue bruecke gesagt um 10 an der aral mit besen und schaufel, wo sollen wir hin? Erstmal aufn markt?“, fragt einer und bekommt umgehend eine Antwort.

Dankesbotschaften online

Auf der Facebook-Seite des Fußballvereins Eintracht Braunschweig gehen Dankesbotschaften ein – aus Magdeburg. Frank Scheufele, ein Fußballfan, hatte das Heft des Handelns in die Hand genommen und auf Facebook einen Aufruf gestartet, in Magdeburg zu helfen. Die Fans der Braunschweiger Eintracht und die des 1. FC Magdeburg sind miteinander befreundet. 150 Braunschweig-Fans fuhren daraufhin am Freitag nach Magdeburg – mit Unterstützung des Vereins, von Busunternehmern, von Firmen sowie von Privatleuten.

Wie in Passau, Meißen und Magdeburg geht es derzeit in vielen vom Hochwasser betroffenen Regionen zu: Die Fluthilfe mithilfe des Internets in die eigenen Hände zu nehmen, das scheint zu funktionieren. Über Facebookgruppen koordinieren die Helfer ihre Arbeit oder gründen Helfer-Fahrgemeinschaften per Kurznachrichtendienst Twitter. Neben 11.000 Bundeswehrsoldaten und 6.000 THW-Mitarbeitern ist eine ungezählte Schar von Engagierten im Einsatz, die über das Netz kamen. Diese Vorkoordinierung der Freiwilligen ist hilfreich, denn bislang kamen freiwillige Helfer oft komplett unorganisiert in die Katastrophengebiete. Nun gibt es zumindest mit dem Netz die Möglichkeit, Freiwillige über die Grundregeln und Verhaltensweisen, über sinnvolle und sinnlose Spenden und Hilfsangebote zu informieren. Vor Ort haben dann jedoch wieder die offiziellen Katastrophenexperten das Sagen – ihren Anordnungen müssen auch die Freiwilligen Folge leisten.

So richtig angekommen scheinen die Katastrophenexperten – etwa vom THW – im Internetzeitalter aber noch nicht. Zwar twittern auch sie, posten Fotos ihrer Einsätze auf Facebook. Aber von einer Online-Freiwilligenkoordination sind sie noch weit entfernt.

In anderen Ländern, in Russland etwa, gehen die Internetfreiwilligen professioneller vor. Während einer Flut am Kuban im vergangenen Jahr wurden dort gleich mehrere Webseiten eingerichtet, bei denen die Betroffenen oder Beobachter notwendige Hilfen eintragen und Freiwillige sich anschließend um Lösungen kümmern konnten.

FALK STEINER