Gas-Wettbewerb lässt auf sich warten

Mit der Liberalisierung der Gasversorgung für Privatkunden fällt am 1. Oktober auch das Monopol der Gasag. Verbraucher können sich den Anbieter dann selbst aussuchen. Aber noch will kein Unternehmen in den Berliner Markt einsteigen

VON MARTIN REISCHKE

Die Tage des Monopolisten Gasag sind gezählt: Ab dem Herbst können sich die rund 700.000 Kunden des Gasversorgers aussuchen, von wem sie beliefert werden möchten. Hintergrund ist die Liberalisierung der Gasversorgung von Privathaushalten, die am 1. Oktober in Kraft tritt. Den Termin hat die Bundesnetzagentur vor kurzem mit der Gaswirtschaft vereinbart.

Dass es durch die Liberalisierung zu massiven Preissenkungen kommen könnte, glaubt allerdings niemand. „Die anderen Energieanbieter kochen auch nur mit Wasser, die Preisunterschiede dürften nicht so groß sein“, sagt Bernd Ruschinzik von der Berliner Verbraucherzentrale. Schon bei der Liberalisierung des Strommarktes seien Preisstürze ausgeblieben.

Ruhe bewahren sei daher das Gebot der Stunde: „Die Verbraucher sollten nicht mit wehenden Fahnen zum nächstbesten Anbieter wechseln“, sagt Ruschinzik. Häufig würden sich vermeintlich günstige Angebote im Nachhinein als teuer herausstellen, weil Sonderklauseln wie Mindestabnahmemengen oder monatliche Grundgebühren im Vertrag versteckt sind.

Die Gasag zog erst zum Jahreswechsel den Zorn der Kunden auf sich, als sie zum zweiten Mal innerhalb von drei Monaten die Preise erhöhte. Dass die Kunden massenhaft den Anbieter wechseln, hält aber auch Umweltökonom Holger Rogall nach den Erfahrungen früherer Marktöffnungen für unwahrscheinlich. „Trotz der Liberalisierung des Strommarktes beziehen 90 Prozent der Berliner Verbraucher noch heute den Strom von Vattenfall“, sagt Rogall, der für die SPD im Abgeordnetenhaus sitzt.

Noch hat keiner der großen deutschen Gasversorger angekündigt, sich auf dem Berliner Markt zu engagieren. „Die Frage stellt sich noch nicht“, sagt Eon-Sprecher Helmut Roloff. „Wir müssen die weitere Entwicklung abwarten.“ Auch RWE hat über mögliche Aktivitäten in Berlin noch nicht entschieden.

Auch der niederländische Energiekonzern Nuon, der erst kürzlich in den Berliner Strommarkt eingestiegen ist, hält sich bedeckt: „Die Rahmenbedingungen für den Netzzugang sind nach wie vor nicht klar“, sagt Sprecher Robert Mosberg. „Eine abschließende Aussage können wir erst treffen, wenn konkrete Umsetzungsvorschläge von der Gaswirtschaft vorliegen.“

Und so blickt der Noch-Monopolist Gasag gelassen in die Zukunft. „Es wird kompliziert sein, mit billigem Gas auf den Markt zu kommen“, prophezeit Sprecher Klaus Haschker. Der enge Beschaffungsmarkt lasse den Firmen wenig Spielraum bei der Preisgestaltung. Sollten Anbieter versuchen, mit Dumpingpreisen nach Berlin vorzudringen, will sich die Gasag nicht daran beteiligen. „Wir setzen auf unsere Präsenz als Berliner Unternehmen“, sagt Haschker. Ein lokales Unternehmen ist die Gasag dabei schon lange nicht mehr: Der Versorger gehört den Aktionären Vattenfall Europe, Gaz de France und der Thüga-Gruppe.

Ob der Spielraum bei den Preisen wirklich so eng ist, wie das Unternehmen behauptet, zeigt sich voraussichtlich noch im Frühjahr. Nach der vorletzten Änderung der Gastarife im Oktober hatten 42 Kunden im November eine Sammelklage gegen die Preiserhöhung beim Landgericht eingereicht. Ab April will es sich mit dem Fall befassen.