Prediger des Parlaments

RÖDER-NACHFOLGE Lutz Mohaupt wird neuer Präsident der Bürgerschaft. Der ehemalige Hauptpastor und Senatssprecher sitzt seit zwei Jahren unauffällig auf der CDU-Hinterbank

Röder befördert sein Sturz auf glattem Eis ganz nach hinten – in die letzte Reihe, auf Platz Nr. 81

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Das ist ein mächtiger Sprung für Lutz Mohaupt. Der Sitz Nr. 75 in der sechsten und vorletzten Reihe im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft ist seit zwei Jahren sein Platz, künftig dürfte er aus der Mitte der erhöhten Präsidiumsbank über die anderen 120 Abgeordneten wachen. Am Mittwoch soll der 67-jährige emeritierte Hauptpastor von St. Jacobi und zeitweilige Senatssprecher zum neuen Präsidenten des Landesparlaments gewählt werden.

Das hat die CDU-Fraktion am Montagabend auf Vorschlag ihres Vorsitzenden Frank Schira mit großer Mehrheit beschlossen. Ihr steht als größter Fraktion dieser Posten zu. Der parteilose Theologe Mohaupt, der auf Unions-Ticket in die Bürgerschaft kam, soll dem zurückgetretenen Berndt Röder folgen. Den 62-Jährigen befördert sein Sturz auf glattem Eis ganz nach hinten – in die letzte Reihe, auf Platz Nr. 81.

Schira hatte Mohaupt vorgeschlagen, nachdem er sich mindestens zwei Absagen eingehandelt hatte. Weder die stellvertretende Fraktionschefin Viviane Spethmann noch der Vize-Präsident der Bürgerschaft, Wolfhard Ploog, legten Wert auf eine Beförderung. Die 42-jährige Spethmann arbeitet lieber weiterhin nebenbei als Rechtsanwältin, der 67-jährige Ploog will seinen Ruhestand genießen. Bei seinen Sondierungen unter Vorstandskollegen will Schira „große Zustimmung“ zur Personalie Mohaupt erfahren haben, ließ der Fraktionschef nun verlauten.

Lutz Mohaupt ist promovierter evangelischer Theologe und war von 1980 an 25 Jahre lang Hauptpastor an St. Jacobi in der Hamburger Innenstadt. Am 1. Februar 2005 wurde er Sprecher des Hamburger Senats, weil Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihm in einem „Spontaneinfall“ die Position angeboten hatte. „Kommunikativ und nachdenklich“ sei Mohaupt, lobte Beust seinerzeit den Mann, der als Schatten-Kultursenator zu seinem Wahlkampfteam gehörte. 2008 ergatterte Mohaupt dann einen Platz in der Bürgerschaft und sitzt seitdem eher unauffällig im Hintergrund.

Sein Ex-Chef von Beust „beglückwünschte“ gestern die Fraktion zu der Personalie und versicherte, diese sei ganz allein Sache der Parlamentarier. Und unterschlug dabei die Rolle, die er, Innensenator Christoph Ahlhaus und Finanzsenator Michael Freytag in der Angelegenheit spielten. Ahlhaus, CDU-Chef in Röders Parteikreis Nord, und Landesparteichef Freytag hatten am vorigen Mittwoch noch verhindert, dass Schira für Röders Entlassung sorgte.

Am Samstag jedoch besuchten sie nach einem Telefonat mit von Beust Röder zu Hause und zwangen ihn zur Demission – ohne Wissen Schiras, der nun als wenig durchsetzungsfähig dasteht. Freytag, Schira und auch Ahlhaus spekulieren auf die Nachfolge von Beusts, wenn der eines Tages nicht mehr Regierungschef sein möchte.

Wackelnde Mehrheit

Nicht gesichert ist der kausale Zusammenhang zwischen Röders Affäre und den neuerlichen Stimmenverlusten für die CDU zur Halbzeit der schwarz-grünen Regierungszeit. Sie käme nur noch auf 31 Prozent, würde an diesem Sonntag gewählt, gegenüber 42,6 Prozent bei der Wahl im Februar 2008. Das ergibt sich aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des NDR. Die SPD käme ebenfalls auf 31 Prozent (34,1), die Grünen auf 16 Prozent (9,6) und Die Linke auf 10 (6,4). Die FDP dürfte auf 7 Prozent (4,8) hoffen.

Das Institut befragte vom 17. bis 21. Februar 1.000 Wahlberechtigte. Demnach würde es für eine zweite schwarz-grüne oder eine erste schwarz-gelbe Regierung nicht reichen – wohl aber für Rot-Grün-Rot, Ampel oder Jamaika.