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ZU HELENES GEBURTSTAGSSAUSE BIN ICH DANN DOCH NICHT GEGANGEN. ICH WAR ERST GAR NICHT EINGELADEN WORDEN, DESHALBZutritt erst ab 21

VON RENÉ HAMANN

Kurz fühlte ich mich zitiert, aber die Hoffnung verpuffte rasch. Übers Joggen kann ja jeder schreiben. Übers Ausgehen und Rumstehen im Prinzip auch, es kommt immer darauf an, den Schlaganfall, der Pop sein soll, so plastisch nachzuerzählen, dass ein allgemeiner Eindruck entsteht. Aber nicht jeder ist Kardiologe.

Um endlich zum Wesentlichen zu kommen: Es war ein Wochenende der verpassten Möglichkeiten. Eine freudsche Fehlleistung bescherte mir einen freien Abend, aber zu Helenes Geburtstagssause bin ich dann doch nicht gegangen. Ich war erst gar nicht eingeladen worden, deshalb. Ein gut informierter Gastronom meinte, dass Helene in den Tresor ausweichen musste, weil das Berghain das Angebot, ihre Geburtstagsfeier auszurichten, bestimmt nur müde lachend abgelehnt hatte. Selbiger Gastronom bestritt übrigens, dass das Berghain den Zutritt erst ab 21 gewährt. Das Berghain hat eine harte Tür, klar, und junge Leute bleiben eher mal draußen als ältere, was aber schlicht daran läge – Gastronomenfaustregel –, dass Jugend eben weder Party noch Einnahmen garantiere. Junge Leute haben weniger Geld zum Ausgeben, trinken daher auch weniger, schlauchen sich, wenn überhaupt, gern mal durch. Der Tresor würde besser zu Helene passen, der sei ja eh auf dem absteigenden Ast, die seien froh über jede Aufmerksamkeit. Der Tresor sei Trash. Der Roman von Helene übrigens auch. Warum ich nicht lieber Dostojewski lese? Ich habe drei Romane von Dostojewski gelesen, antwortete ich endlich, „Der Idiot“, „Verbrechen und Strafe“, „Böse Geister“, es kommt darauf an, nicht nur das gute Alte, sondern auch das Neue kennenzulernen, Beurteilung folgt später.

„Ey, in deiner Hand brennt was.“ „Zigarette, Alter.“

Am Samstagabend wollte ich eigentlich zu Spoon in den Frannz Club, kam aber nicht rein, weil ich diesmal wider Erwarten nicht auf der Gästeliste stand. Schade. Die White Rabbits, an diesem Abend Vorband, coverten gerade John Lennons „Instant Karma“, als ich mich wieder trollen musste. Der massige Gästelistenwächter zuckte mit den Schultern. „And we all shine on.“ Danach, ausgesetzt und mit einem weiteren freien Abend konfrontiert, schien ich erst mal den üblichen Weg zu nehmen. Vorbei an alten Bars und Wirkungsstätten, der Restauration Walden, dem „Lass uns Freunde Bleiben“, also durch die Choriner Straße in Richtung Zionskirchplatz, um in der Lieblingsbar ein, zwei Bier zu trinken. Dort war das Licht sehr dämmrig, die Musik gewohnt kompliziert und alt (und für viele Ohren trotzdem neu), dazu wurde ein Blaxploitationfilm ohne Ton auf die nikotingelbe Wand projiziert. Für weitere Beobachtungen war es zu früh. Es war einfach noch nichts los. Die plattfüßige Modestudentin war leider nicht da, dafür eine offensiv wirkende Wasserstoffblondine, von der ich eine Zigarette schlauchte. Ich blätterte durch die Wegwerfzeitschriften Vice und Intro, trank die mir selbst angekündigten zwei Bier, dazu einen von der Bedienung ausgegebenen Schnaps, und packte mich, als es allmählich voll wurde. Der Winter läuft aus, schmilzt zusammen, die nervige Berlinale, die all den guten Platz in dieser Zeitung besetzt, ist auch endlich wieder zu Ende, dito der hier glücklicherweise nicht stattfindende Karneval. Es ist Fastenzeit. Von Frühling fehlt immer noch jede Spur. Zu Hause lege ich mich mit Wärmflasche und Schokolade ins Bett und lese „Axolotl Roadkill“ weiter. Gar nicht so schlecht, das Buch.

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