vor ort
: MAIK BIERWIRTH über besonders dicke Luft in Hagen

Direkt vor dem Hauptbahnhof wird dem Besucher Hagens ein staubiger Empfang bereitet. Die leichte Brise aus Süd-Ost reicht kaum aus, um den Feinstaub vom sechsspurigen Graf-Von-Galen-Ring fortzupusten. An 26 Tagen meldete der dort montierte Feinstaubdetektor in diesem Jahr eine Überschreitung des zulässigen Grenzwertes. Ein alarmierender Befund, denn in der Feinstaubliga des Landesumweltamtes (LUA) ist Hagen damit klarer Spitzenreiter. Der ultimative 35. Tag, ab dem die Stadt aktiv werden muss, rückt bedrohlich nahe. Doch nun zweifeln CDU und SPD den Aktionsplan an, den sie selbst im Stadtrat Ende Oktober 2005 beschlossen hatten – und sie stellen die Pflichten der Kommune zur Feinstaubminderung in Frage. Hagen wird damit zum Präzedenzfall in der Feinstaub-Debatte.

Eigentlich sieht der Aktionsplan als Sofortmaßnahme unter anderem eine Verkehrsbeschränkung für LKWs über 3,5 Tonnen vor – und unter Umständen sogar für alle Diesel-Fahrzeuge ohne Partikelfilter. Doch die Zweckdienlichkeit dieses Vorgehens wird von der Großen Koalition nun in Frage gestellt. Ein externes Gutachten soll – erstmals in Deutschland – juristisch prüfen, zu welchen Maßnahmen die Stadt überhaupt verpflichtet ist. In einem zweiten Gutachten soll zudem das Zusammenspiel des Wetters, des Verkehrsaufkommens und der für Feinstaub zuträglichen Tallage Hagens unter die Lupe genommen werden.

Denn diese Tallage, meinen die Großkoalitionäre, mache jede Anti-Staubaktion sinnlos: „Selbst bei einer Verkehrssperrung für schwere LKWs werden die Werte am Graf-Von-Galen-Ring nicht deutlich sinken“, sagt Alexander Böhm, Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Stattdessen käme es bei Umleitung des Schwerverkehrs zu neuen Belastungen für die Anwohner. Sein Pendant von der SPD, Ulrich Fleischer, sieht durch Sperrungen für Diesel-PKWs sogar Gefahren für den Einzelhandel in der Hagener Innenstadt herauf ziehen. Für Hubi Wolkenburg von den Grünen sind das freilich alles Ausflüchte: Die große Koalition versuche lediglich, die Umsetzung des Aktionsplans möglichst lange hinauszuzögern.

Schützenhilfe bekommt der Grüne von einer routinemäßigen Studie, die das LUA gerade an das Hagener Umweltamt weiter geleitet hat. Daraus gehe eindeutig hervor, dass der LKW-Verkehr einen hohen Anteil an der Feinstaubbelastung am Graf-Von-Galen-Ring hat, bestätigt Egon Falkenberg vom LUA. Zwar lägen nur wenige der möglichen Maßnahmen zur Luftbereinigung im Einflußbereich der Stadt. Nach bisheriger Rechtsauffassung seien die Kommunalpolitiker aber aufgefordert, „alles ihnen mögliche zu tun“ um einer Überschreitung der Feinstaubgrenze zu begegnen, so LUA-Sprecherin Babette Winter.

Ob die Gutachten an dieser Einschätzung der Lage etwas ändern können, ist fraglich. Fest steht nur, dass sie mit großem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sind. Falkenberg jedenfalls glaubt nicht, dass an den Ergebnissen seiner LUA-Studie gerüttelt werden kann: „Unsere Arbeit hat sich bisher bewährt.“