Toshiba kauft teuer

Der Elektronikkonzern übernimmt den US-Atomkonzern Westinghouse und baut sein Reaktorengeschäft aus

LONDON/BERLIN rtr/taz ■ Der japanische Elektronikkonzern Toshiba hat den Bieterwettstreit um den US-amerikanischen Atomkraftwerkbauer Westinghouse gewonnen. Der Kauf kostet Toshiba 5,4 Milliarden US-Dollar. Das ist ziemlich genau dreimal so viel, wie der Westinghouse-Mutterkonzern British Nuclear Fuels ursprünglich als Mindestpreis hatte haben wollen. Die Übernahme soll in sechs Monaten abgeschlossen sein, hieß es aus Tokio.

Toshiba hat sich damit gegen so potente Mitbewerber wie den US-Konzern General Electric und Mitsubishi durchgesetzt. Allerdings befürchten Analysten, dass sich das japanische Unternehmen finanziell überhoben hat. Bei Toshiba selbst hieß es allerdings, man könne seinen Teil des Kaufpreises aus der Barkasse bezahlen. Allerdings lädt der Konzern andere Firmen ein, sich zu beteiligen. Toshiba selbst will lediglich 51 Prozent der gekauften 100 Prozent Anteile behalten.

Für eine Kooperation in Frage kommt unter anderem das US-Technologieunternehmen Shaw Group. Gelingt es Toshiba, sich mit der Firma zu einigen, hätte der Konzern gleich zwei Ziele erreicht: Es würde nicht nur erheblich sparen, sondern sich in den USA auch wesentlich weniger Widerständen gegenüber sehen. Denn dort hatten die japanischen Pläne für viel Unruhe gesorgt. Verschiedene Politiker hatten betont, dass die Herstellung von Atomanlagen ein besonders heikler Bereich sei. Dieser dürfe nicht ohne weiteres an ein ausländisches Unternehmen verkauft werden.

Toshiba ist der drittgrößte Computer- und der viertgrößte Halbleiter-Produzent der Welt. Daneben baut der Konzern aber auch Reaktoren für die Atomindustrie. Der Westinghouse-Kauf dürfte ihm hier einen mächtigen Schub verschaffen: Während Toshiba bislang hauptsächlich Siedewasserreaktoren herstellt, hat sich Westinghouse auf Hochdruckreaktoren spezialisiert. Diese machen nicht nur rund 60 Prozent des Weltmarktes aus, sondern sind vor allem die vorherrschende Technologie in den USA. Und hier – wie auch in China – sieht Toshiba die größten Chancen, nachdem der japanische Markt kaum noch wächst. Trotz der bekannten Risiken der Nuklearenergie setzen beide Großmächte derzeit massiv auf die Atomkraft. Grund sind die zunehmende Verknappung des Erdöls und die internationalen Bemühungen um den Klimaschutz. BEATE WILLMS