Ein Hoffnungsträger aus dem Kreis der Macht

WAHL Hassan Rohani siegt bei der Präsidentschaftswahl im Iran und weckt Hoffnungen auf Entspannung im Atomkonflikt

■ Der Revolutionsführer Ali Chamenei: mächtigster Mann im Staat, bestimmt Außenpolitik und Justiz und hat den Oberbefehl über die Streitkräfte.

■ Der Expertenrat: vom Volk gewählt und vom Wächterrat überprüfte 86 Mitglieder, zuständig für Einsetzung, Überwachung und Absetzung des Revolutionsführers. Besteht nur aus religiösen Würdenträgern.

■ Der Wächterrat: besteht aus 12 Mitgliedern, je zur Hälfte Juristen und Geistliche. Überwacht und entscheidet u. a. über Zulassung von Präsidentschaftskandidaten, kontrolliert, ob parlamentarische Entscheidungen den islamischen Grundsätzen entsprechen.

■ Der Schlichtungsrat: 35 vom Revolutionsführer ernannte Mitglieder. Zuständig für Kontroversen zwischen Parlament und Wächterrat.

■ Der Präsident: Regierungschef. Kann Minister mit Zustimmung des Parlaments bestimmen und absetzen, mitbestimmend in der Außenpolitik, hat wichtige Rolle bei wirtschaftlichen Entscheidungen.

■ Das Parlament: hat 290 Abgeordnete, die auf vier Jahre vom Volk gewählt werden. (klh)

VON BAHMAN NIRUMAND

BERLIN taz | Überraschend hat der als moderat geltende konservative Geistliche Hassan Rohani die Präsidentschaftswahlen im Iran mit großem Abstand gewonnen. Bereits in der ersten Runde erzielte er knapp 51 Prozent der Stimmen und ließ seine fünf konservativen und ultrarechten Konkurrenten weit hinter sich. Die Wahlbeteiligung war so hoch wie selten, 72 Prozent der 50 Millionen Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab. Mehr als 18,6 Millionen stimmten für Rohani, gefolgt von dem Teheraner Bürgermeister Mohammad Ghalibaf mit 17 Prozent und dem Chef-Atomunterhändler Said Dschalili mit 13 Prozent.

Als das endgültige Wahlergebnis bekannt gegeben wurde, brach im ganzen Land Jubel aus. In der Hauptstadt Teheran versammelten sich Hunderttausende auf den Straßen, feierten mit Musik und Tanz den Sieg ihres Kandidaten und riefen „Bye-bye, Ahmadinedschad“, „Rohani, kümmere dich um das Wohl des Landes“ und „Die Grüne Bewegung lebt“. Auf Plakaten hieß es: „Ich habe meine Stimme zurückbekommen“ oder „Der Sieg ist unser“. Erstaunlich war, dass sich die Polizei- und Sicherheitskräfte zurückhielten.

Obwohl der Wächterrat von 686 Bewerbern nur 8 zu der Wahl zugelassen und damit eine Vorwahl getroffen hatte, war es die erste freie Wahl nach Jahrzehnten im Iran. Es gab keine Beanstandungen und keine Manipulationsvorwürfe.

Entscheidend für die Wahl Rohanis war die Unterstützung, die ihm die Reformer gewährten. Für sie war er der letzte Strohhalm, an den sie ihre Hoffnungen klammerten. Hinzu kam auch ein Großteil jener Bevölkerungsschichten, die unter der Wirtschaftskrise besonders leiden. Sie hoffen, dass Rohani es gelingen werde, ein Ende der Sanktionen zu erreichen und das Land aus der Isolation zu retten.

Revolutionsführer Ali Chamenei, dessen Politik die überwiegende Mehrheit der Wähler eine Absage erteilt hatte, gratulierte dem Sieger, meinte aber zugleich, die große Wahlbeteiligung bedeute eine eindeutige Zustimmung des Volkes zu der Staatsordnung der Islamischen Republik und der Herrschaft der Geistlichkeit.

International wurde der Sieg Rohanis mit Erleichterung aufgenommen. Die US-Regierung bekräftigte ihr Interesse an direkten Verhandlungen mit Teheran und der diplomatischen Lösung des Atomkonflikts. Das britische Außenministerium forderte Rohani auf, die Gelegenheit zu nutzen, Iran „für die Zukunft auf einen anderen Kurs zu setzen“. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius erklärte, Paris hege große Erwartungen an die iranische Führung vor allem im Hinblick auf das Atomprogramm und seine Haltung zu Syrien. Und Bundesaußenminister Guido Westerwelle wertete den Sieg Rohanis als „Votum der Menschen für Reformen und eine konstruktive Außenpolitik“.