Touristen lieben Berlin – trotz S-Bahn-Chaos

TOURISMUS 2009 kamen mehr Besucher denn je. Hotels dennoch nur zur Hälfte ausgelastet

„Auch in anderen Metropolen läuft nicht alles perfekt“

KLAUS WOWEREIT ÜBER DAS EIS-CHAOS

Im letzten Jahr besuchten mehr Menschen denn je Berlin. Insgesamt kamen 8,3 Millionen Besucher aus dem In- und Ausland in die Stadt, das entspricht einem Zuwachs von 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „2009 war das erfolgreichste Jahr – mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung der Tourismusbilanz 2009. „Das ist eine gute Nachricht für den Arbeitsmarkt.“ Immerhin lebten in Berlin etwa 232.000 Menschen vom Tourismus.

Bundesweit stecke die Branche in der Krise, erklärte Ulrike Rockmann, Präsidentin des Statistikamts Berlin-Brandenburg. „Berlin ist eine Ausnahme.“ So konnten die Hoteliers mit gut 18 Millionen Übernachtungen mehr Kunden als im Vorjahr verbuchen, zudem blieben die Besucher mit durchschnittlich 2,3 Tagen länger als in anderen deutschen Städten. Von den 8,3 Millionen Besuchern kamen 2,88 Millionen aus dem Ausland. Besonders Spanier interessieren sich für Berlin, die Besucherzahl von der Iberischen Halbinsel hat sich seit 2000 verfünffacht.

Auch im internationalen Vergleich sticht Berlin hervor: Obwohl Metropolen wie Rom oder Paris stark an Boden verloren hätten, sei die Berliner Tourismusbranche um 6,2 Prozent gewachsen, erklärte Rockmann. „Grund für die positive Bilanz waren auch Großereignisse wie die Leichtathletik-WM und das Jubiläum 20 Jahre nach dem Mauerfall.“

Trotz der guten Bilanz wuchs 2009 das Angebot allerdings schneller als die Nachfrage. Weil die Zahl der Betten in den drei letzten Jahren um 20.000 auf 109.700 angestiegen ist, waren die Hotels nur etwa zur Hälfte ausgelastet.

Kritik wollte Wowereit dennoch nicht hören. Die defekten S-Bahn-Züge und das Schneechaos hätten keine Auswirkungen auf den Tourismus gehabt, sagte er. „Auch in anderen Metropolen läuft nicht alles perfekt“, die Touristen habe das Eis nicht gestört. „Vielen hat die Rutschpartie sogar Spaß gemacht.“

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus Volker Ratzmann kritisierte, dass Wowereit sich mit fremden Federn schmücke. „Für den Erfolg des letzten Jahres kann er herzlich wenig.“ Natürlich sei Berlin ein attraktiver Tourismus-Standort. Das Schneechaos aber zeige: „Wowereit vergisst bei alldem seine eigenen Bürger.“

Für 2010 hat die Branche geringere Erwartungen. Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Berlin Tourismus Marketing, hofft auf das gemeinsame Fußballgucken während der WM in Südafrika: „Leider gibt es in diesem Jahr weniger Großereignisse, wir hoffen allerdings auf die Fanmeile im Sommer.“

SEBASTIAN KEMPKENS