: Bundestag erkundet Gorlebens Vorleben
ATOM Ausschuss soll klären, ob und wie die Regierung Kohl Druck bei der Vorauswahl als Endlager ausübte
HANNOVER taz | Der Bundestag wird einen Teil der 33-jährigen Geschichte des Endlagerstandortes Gorleben mit einem Untersuchungsausschuss durchleuchten. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und Linken haben sich in langwierigen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag verständigte, der die Entscheidung zur Erkundung des Salzstocks im Jahr 1983 in den Mittelpunkt stellt. Mit der Auswahl Gorlebens 1977 zum Endlagerstandort soll sich das Gremium allerdings nicht mehr befassen.
Der Entscheidung des Bundeskabinetts aus dem Jahr 1983, allein Gorleben als Endlagerstandort zu „erkunden“, ging seinerzeit eine umfangreiche Untersuchung des Salzstocks durch Bohrungen voraus. In einem zusammenfassenden Gutachten wollte die für die Erkundung zuständige physikalisch-technische Bundesanstalt eigentlich die Erkundung weiterer Endlagerstandorte empfehlen. Auf Druck von Vertretern der Bundesregierung strichen die beteiligten Wissenschaftler diese Empfehlung jedoch aus der Endfassung ihres Gutachten.
Nach Berichten der taz und anderen Medien wurde die Angelegenheit 2009 von der Bundesregierung untersucht. Dabei kamen Bundeskanzleramt, Wirtschafts- und Umweltministerium zu gegensätzlichen Einschätzungen. Daher soll nun der Ausschuss laut Antrag überprüfen, „ob und gegebenenfalls in welcher Form es hierbei politische Einflussnahmen auf die der Entscheidung zu Grunde liegenden wissenschaftliche Expertisen gegeben hat und wer hierfür die Verantwortung trägt“.
Der Ausschuss soll auch klären, warum bei der Entscheidung zahlreiche gegen den Salzstock sprechende geologische Fakten ignoriert wurden und warum das Erkundungsbergwerk ohne atomrechtliches Genehmigungsverfahren errichtet wurde.
Jürgen Voges
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen