Schwangerschaft bremst Kaiserin

Japans Regierungschef setzt Pläne für die Möglichkeit einer weiblichen Thronfolge aus

TOKIO taz ■ Er habe das neue Thronfolgegesetz nicht fallen gelassen, hat Ministerpräsident Junichiro Koizumi gestern beteuert. Japans Medien berichten das Gegenteil. Zumindest hat Koizumi den Prozess verlangsamt. Eigentlich wollte er bis Juni das Gesetz verabschiedet haben. Daran ließ er bis Dienstag keinen Zweifel. Nun laviert er: „Ein Beschluss sollte dann gefällt werden, wenn wir ein klares Bild über die Situation gewonnen haben.“ Im Klartext: Eine überraschende Schwangerschaft hat die delikate Frage, wer auf Japans Chrysanthementhron steigen darf, dramatisch verändert.

Nur weil die Kaiserdynastie mit der geltenden Männerregelung auszusterben drohte, erwog die Politik den Thron nach 233 Jahren wieder Frauen zugänglich zu machen. In den letzten 40 Jahren wurden dem Palast nur Prinzessinnen geboren. Dem jetzigen Thronfolgepaar Naruhito und Masako war bislang eine Tochter namens Aiko vergönnt. Der Druck, einen Jungen zu gebären, hat die 42-jährige Masako an den Rand ihrer Kräfte gebracht, ein weiteres Kind gilt als unwahrscheinlich. Die nun aufgeschobene Gesetzesrevision würde Aiko zur Kaiserin machen.

Nun ruht die Hoffnung der Traditionalisten auf einem sechswöchigen Embryo. Das kaiserliche Hofamt bestätigte diese Woche die Schwangerschaft von Prinzessin Kiko, einer Schwägerin des Thronfolgers. Bringt sie einen Knaben zur Welt, könnte eine Kaiserin verhindert werden und es bedürfte der Gesetzesänderung nicht, auf die Koizumi bis zur Bekanntgabe der Schwangerschaft gedrängt hatte.

MARCO KAUFFMANN