Sorge über Mehdorns Stil

Verkehrsministerium kritisiert indirekt Attacke des Bahnchefs gegen Verkehrsausschuss

BERLIN taz ■ SPD-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee sieht keine Veranlassung, im Streit um Hartmut Mehdorn einzugreifen. Der Bahnchef hatte in einem Brief an den Verkehrsausschuss einen namentlich nicht genannten „Mitarbeiter einer Bundestagsfraktion“ beschuldigt, gezielt „Storys“ und „vertrauliche Unternehmensdaten“ an die Medien weiterzureichen. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Klaus W. Lippold (CDU) hatte in der taz (vom 10. 2.) Mehdorns Attacken als „nicht akzeptabel“ zurückgewiesen. Diese anonymen Anschuldigungen „haben wir weder zu bewerten noch zu kommentieren“, sagte hingegen eine Sprecherin des Verkehrsministeriums gestern der taz.

Genauso wenig will sich das Verkehrsministerium zum Anzeigenboykott äußern, den die Deutsche Bahn AG gegen das Wirtschaftsmagazin Capital verhängt hat. Begründung: Die Bahn sei schließlich „kein Staatsunternehmen mehr“. Dennoch stelle sich „hier natürlich die Frage, ob dies der richtige Weg ist“, so die Sprecherin weiter. In Capital war Mehdorns meistgehasste „Story“ der letzten Zeit erschienen. So hatte das Blatt unter anderem aus einem streng vertraulichen Vorstandspapier zitiert, dass die Überschuldung „überkritisch“ sei.

Die Bahn ist als formaljuristisch selbstständige Aktiengesellschaft weiter vollständig in Bundesbesitz. „Wenn Staatskonzerne privatisiert werden sollen, ist es doch kein Hochverrat, wenn in der Öffentlichkeit kritisch darüber diskutiert wird“, sagte der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Grüne, Winfried Hermann, der taz. Damit habe der Bahn-Chef aber offenbar Probleme.

Insider befürchten, dass die ganze Malaise nur der Startschuss für kommende Auseinandersetzungen ist. Denn die Bahn-Privatisierung dürfte zum verkehrspolitischen Thema des Jahres werden. Und gegen Mehdorns Kurs wächst der Widerstand in der Politik. Vor allem ist sein Ziel umstritten, Schienennetz und Verkehrsbetrieb gemeinsam an die Börse zu bringen. Im Verkehrsausschuss favorisieren jedoch viele ein anderes Konzept: Sie wollen Bahn und Schiene trennen, damit auch Wettbewerber eine Chance erhalten. STG

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