Rohstoff des Krieges

UN-Experten: Kongos Mineralienexporte dienen weiterhin zum Waffenkauf – trotz Staatskontrolle

VON DOMINIC JOHNSON

Mineralienexporte aus der Demokratischen Republik Kongo dienen weiterhin zur Finanzierung von Waffenimporten – trotz Waffenembargos. Und es geschieht auch dann, wenn Bergbaugebiete in Kongos Kriegsgebieten unter reguläre staatliche Autorität geraten. Dies ist die Kernaussage eines neuen UN-Untersuchungsberichts zur Einhaltung des Waffenembargos gegen den Kongo, der dem UN-Sicherheitsrat vertraulich zugeleitet wurde und der taz vorliegt.

Laut dem Bericht kommen weiterhin Waffen über Libyen, Ägypten oder Sudan in das Afrika der Großen Seen oder direkt in den Kongo. Es gibt im Ostkongo keine Luftraumüberwachung. Die UN-Experten kritisieren, dass Kongos im Aufbau befindliche neue Regierungsarmee FARDC der UN-Mission im Kongo rechtswidrig Kontrollen ihrer Flugzeuge und Hubschrauber verweigert. Die FARDC ist zwar vom Waffenembargo gegen Kongo ausgenommen, doch kann so nicht kontrolliert werden, ob ihre Ausrüstung – die teils aus Nato-Beständen stammt – nicht in falsche Hände gerät. Es würden geheime Waffenarsenale „von Offiziellen in verantwortlichen Positionen angelegt“, so die Experten.

Der Bericht konstatiert weiterhin eine „neue Phase des Krieges um die Reichtümer des Kongo“: „Lokale Machthaber, gegenwärtige oder zukünftige Kriegsherren, Milizen oder kriminelle Vereinigungen usurpieren die wirtschaftliche Kontrolle, indem sie traditionelle Regierungsstrukturen nachbilden. Illegale Gruppen reißen Macht an sich, indem sie Einzelpersonen als Quasiregierungsvertreter einsetzen, die dann Steuern und Gebühren erheben. Dank einem regulären Einnahmestrom können sich diese Gruppen festigen.“

Die Goldminen von Mongbwalu im nordostkongolesischen Distrikt Ituri, die Uranmine Shinkolobwe in Kongos Südprovinz Katanga sowie die bis 2004 deutsch geführte Niobium-Mine Lueshe in der ostkongolesischen Provinz Nordkivu sind die drei Beispiele, an denen die UN-Experten dies ausführen. Alle drei kamen im Rahmen der laufenden Reformen des kongolesischen Bergbaus unter neue Verwaltung, aber die reale Kontrolle über den Handel mit den jeweiligen Produkten sei gerade dadurch an mutmaßliche Kriegsfinanzierer übergegangen.

In Mongbwalu schaffte es die für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortliche Miliz FNI, deren Führer heute strafrechtlich verfolgt werden, Schlüsselposten der für die Mine zuständigen kongolesischen Staatsbehörde Okimo (Office de Kilo-Moto) mit eigenen Leuten zu besetzen, als diese wieder in die Mine einzog. Heute kontrolliert zwar Kongos Regierungsarmee die Mine – doch „ein paar unterernährte, irregulär bezahlte Soldaten, die Goldberge bewachen, sind keine effektive Abschreckung gegen Plünderer“, so der Bericht.

In Lueshe übernahmen Geschäftsleute aus der Provinzhauptstadt Goma die Kontrolle über den Handel mit dem Exportprodukt Pyrochlor, nachdem der bisherige deutsche Manager Karl-Heinz Albers wegen eines Schuldenstreits die Betreiberfirma Somikivu (Société Minière du Kivu) an seine lokalen Partner abgab. Den neuen Herren werden Verbindungen zu des Waffenschmuggels verdächtigten lokalen Organisationen im Umfeld der Provinzregierung nachgesagt. Der neue Firmenchef Modeste Makabuza habe nach eigenen Angaben 20 Tonnen Pyrochlor im Wert von 100.000 US-Dollar exportieren können. Die UN-Experten kritisieren in diesem Zusammenhang eine „unsägliche Wahrnehmung der Eigentümerverpflichtungen“ durch die Bundesregierung und den deutschen Somikivu-Mehrheitseigner GfE (Gesellschaft für Elektrometallurgie).

Die Feststellungen der UN-Experten über Shinkolobwe erregen am meisten Besorgnis. Aus der eigentlich 2004 geschlossenen Mine, aus der das Uran für die Atombombe von Hiroshima kam, würden weiterhin Mineralien exportiert – nur eben unter Regierungsaufsicht. Das staatlich beauftragte Prüflabor für die Erze arbeite so schlecht, dass afrikanische Transitländer darin „geschmuggelte Mineralien mit unakzeptabel hoher Radioaktivität“ entdeckt hätten. Sie mussten die Internationale Atomenergiebehörde einschalten.

Der Wiederaufbau staatlicher Strukturen im Kongo löst also die Probleme des Bergbaus, wichtigster Wirtschaftszweig des Landes, nicht. In diesem Zusammenhang ist auch die Warnung des entwicklungspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Ruck, zu verstehen, der am Dienstag in Berlin sagte, die Reichtümer des Kongo würden „von Somalia bis Kasachstan zur Finanzierung von Dingen verwendet, die gegen unsere Sicherheitsinteressen sind“. Die UN-Experten fordern nun, Herkunftsnachweise für Kongos Mineralien zu entwickeln, wie es sie bereits für Diamanten gibt.