„Gefangene waren Zivilisten“

Vortrag über sowjetische Speziallager in der DDR

■ ist Historikerin und Politologin. Sie forscht zur deutschen Gegenwartsgeschichte und zur Erinnerungskultur des 20. JahrhundertsFoto: Privat

taz: Frau Greiner, die größten sowjetischen Speziallager in der DDR lagen in Buchenwald und Sachsenhausen. Das sind bekannte Namen für Lager …

Bettina Greiner: Richtig, die Besatzer haben einige Konzentrationslager der Nazis – ganz pragmatisch – umgenutzt.

Wer war dort inhaftiert?

Die Gefangenen waren meist Zivilisten. Frauen, Männer, Kinder. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Nationalsozialisten aller Belastungsgrade.

Solche Lager wurden auch von den Westalliierten betrieben. Was war in der DDR anders?

Im Osten waren die Lager kein Mittel der Entnazifizierung, sondern ein Instrument zur Durchsetzung der Besatzungsherrschaft. Die Gefangenen hatten keinerlei Rechte.

Wie beurteilen Sie den gesellschaftlichen Umgang mit den Lagern?

Die wichtigste, noch offene Frage ist: Waren die Inhaftierten Täter oder Opfer?

Und?

Das ist sehr schwierig zu differenzieren. Menschen scheint es schwer zu fallen, Ambivalenzen auszuhalten und gebrochene Biografien zu akzeptieren.

Deutsche Opfer von Besatzungsgewalt – dieses Thema lockt sicher auch die rechte Szene an.

Das kann man leider nicht verhindern. Es liegt auch daran, dass sich einige Häftlinge als Opfer zweiter Klasse fühlen und sich von Neonazis vereinnahmen lassen. INTERVIEW: BENJAMIN KNAACK

20 Uhr im Institut für Sozialforschung, Mittelweg 36; Eintritt frei