Ganzheitlicher Fußball

Arminia Bielefeld verzichtet auf spielerischen Glanz und gewinnt statt dessen mal wieder. 2:1 gegen Stuttgart

BIELEFELD taz ■ Isaac Boakye gilt nicht als Freund vieler Worte. Jetzt sollten sie aus ihm herauspurzeln. Der Bielefelder Angreifer war gefragter Gesprächspartner, nachdem er mit zwei Treffern den 2:1-Erfolg gegen den VfB Stuttgart sichergestellt hatte. In eine Kamera erklärte er seine kleine Tanzeinlage nach dem Führungstor (31.), diversen Notizblöcken teilte er mit, dass sein Team nach den drei starken, aber sieglosen Auftritten zuvor endlich belohnt worden sei und „dass ich in Zukunft hoffentlich noch mehr Tore schieße“.

Boakyes neues Selbstbewusstsein soll nach eigenem Bekunden in die WM- Teilnahme münden. Eigentlich hätte der Stürmer mit der ghanaischen Nationalmannschaft in Ägypten beim Afrika-Cup verweilen sollen, doch flog er kurzfristig aus dem Kader. Eine gute Entscheidung – für Bielefeld. Während Ghana vorzeitig ausschied, bat der Ausgebootete zu den Boakye- Festspielen. Er erzielte 2006 sämtliche fünf Arminia-Tore in Liga und Pokal. Gegen die auswärts bislang ungeschlagenen Stuttgarter sorgte er für Arminias ersten Bundesligasieg des Jahres.

Dass Boakye Torriecher hat, wo andere sich mit Schnupfen plagen, war in Ostwestfalen länger bekannt. Immerhin schoss er das Team vor zwei Spielzeiten in die 1. Liga. Dort allerdings verhinderte Verletzungspech seinen richtigen Durchbruch, zudem fand er sich nicht immer mit dem von Trainer Thomas von Heesen präferierten Spielsystem zurecht. Ungerecht wäre es indes, Arminias aktuelles Leistungshoch auf den treffsicheren Stürmer zu reduzieren. So wollte auch von Heesen den Ghanaer nicht in den Mittelpunkt stellen: „Es geht nicht um einzelne Namen, es geht ums Team“, betonte er und verwies auf die momentan verletzten Vata und Zuma, die bald wieder beim Toreschießen an der Reihe wären.

Der Sieg gegen Stuttgart hat Symbolwert. Bielefeld verzichtete auf Glanz, nicht aber auf Einsatz und Disziplin. Erkennbar ist, warum dieses Jahr der Klassen-erhalt glücken sollte. Zum einen verfügt der Kader über ein für lokale Verhältnisse außergewöhnliches Maß an Substanz – am Samstag zählten unter anderem Gabriel, Kucera, Zuma, Vata, Rau und Wichniarek nicht zur ersten Elf. Zum anderen ist auf die Defensive Verlass. „Wir haben in den letzten vier Spielen nur acht Torchancen zugelassen“, zählte von Heesen nach.

„Bielefeld steht kompakt sehr gut und hat nicht viel zugelassen“, ist der wohl häufigste Satz, der in dieser Saison Trainern von Arminias Gegnern über die Lippen kommt. Auch Stuttgarts neuer Coach Armin Veh wollte da nicht nachstehen und lobte das Bielefelder Kompaktkunstwerk. Ansonsten sah er eine inspirationslose Vorstellung seines neuen Teams, das außer Magnins Treffer (37.) und einer Großchance für Ljuboja kein besonderes Interesse an Offensivaktionen offenbarte. Der VfB liegt nach turbulenten Tagen nur noch drei Punkte vor den Bielefeldern. „Wir haben Anschluss ans Mittelfeld gefunden“, blickte von Heesen erleichtert auf die Tabelle, „doch den Keller werden wir deswegen nicht aus den Augen verlieren.“ Wie auch: Am kommenden Spieltag reist Arminia nach Kaiserlautern.

ANDREAS BEUNE