Wir sind Bürgerkrieg

Celle ist WM-Hauptquartier für die Fußball-Nationalmannschaft aus Angola. Begrüßt werden sollte diese mit dem Slogan „Wir sind Angola“, doch nach Protesten wurde die Kampagne zurück gezogen

von Lukas Sander
und Eiken Bruhn

„Wir sind Angola“ – mit diesem Slogan sollte in Celle die Fußball-Nationalmannschaft des afrikanisches Staates begrüßt werden, die im Juni in Celle ihr WM-Hauptquartier aufschlagen wird. Die regionale Marketing-Agentur „Tourismus Region Celle“ hatte erste Pressemitteilungen bereits gedruckt und verschickt und ihre Homepage damit geschmückt, die Cellesche Zeitung ein schmuckes Plakat entworfen. Doch jetzt wurde die Kampagne nach Protesten wieder abgeblasen.

„Angesichts von jahrzehntelangem Bürgerkrieg und großer Armut in Angola ist der Spruch völlig unpassend“, sagt der Sport-Chef der Celler Stadtverwaltung, Bernd Nitsche, der mit seinem Rücktritt vom Amt als Celler WM- Botschafter gedroht hatte. Dass der Slogan von der Bild-Zeitungs-Schlagzeile „Wir sind Papst“ abgekupfert sei, könne kein Ausländer verstehen, sagt Nitsche. „Wenn die Angolaner bei der Fahrt nach Celle Transparente mit der Aufschrift ‚Wir sind Angola‘ lesen, könnten sie das als Verhöhnung auffassen.“

Nitsches Protest im WM-Organisationskomitee, in dem auch die Cellesche Zeitung und die Tourismus-Agentur sitzen, wurde gehört. „Stadt und Landkreis haben sich dagegen ausgesprochen“, sagt eine Behördensprecherin. „Wir sind Angola“ landete vergangene Woche im Papierkorb. Warum, das erklärt Volker Holzberg, Geschäftsführer des regionalen Tourismus-Büros zunächst mit „allgemeinen Gründen“, räumt dann aber ein, dass man sich davon wieder verabschiedet hatte, weil es „missverständlich“ aufgefasst werden könnte. Der stellvertretende Chefredakteur der Celleschen Zeitung, Volker Franke, der den Slogan erfunden haben soll, möchte sich nicht zu der Geschichte äußern, von einem Streit könne keine Rede sein. „Das war nur ein Entwurf, der nicht mehrheitsfähig war“, sagt Franke.

Die Chance zur Selbstvermarktung wollen sich die Celler dennoch nicht entgehen lassen. Ein 32-tägiges Fußball-Fest in der Celler Altstadt mit Nationen-Tagen soll es geben – mit Großbildleinwand, Konzerte, Koch-Shows und eine Kinder-WM. Dabei sollen 32 Schulmannschaften jeweils ein Teilnehmer-Land der WM spielen. „Die Schüler sollen sich auch mit dem jeweiligen Land beschäftigen: Geografie, Staatsform, Probleme“, sagt WM-Botschafter Nitsche.

Die Fans der Mannschaft in Angola können in knapp zwei Wochen einen ersten Eindruck von Celle bekommen. Dann will das nationale Fernsehen einen Beitrag über die Stadt ausstrahlen, den ein Kamera-Team vergangene Woche gedreht hat. Bernd Nitsche hat den Journalisten vor allem Hotel und Stadion gezeigt. Von der Provinz-Posse um den „Wir sind Angola“-Slogan hat er ihnen nichts erzählt. „WM-Standort Celle – Willkommen Angola“, lautet Nitsches neuer Vorschlag.