DIE WERBEPAUSE
: Fiat lux

Dass der Werbespot politisch werden würde, hat sich keiner ausmalen können. Aber es ist so: Fiat lieferte die Aufforderung zum Aufstand in Brasilien. Die Autofirma wollte eigentlich nur ein bisschen gute Stimmung machen vor dem Confed Cup. Und natürlich weiter Marktführer im Lande bleiben. Dafür haben sie den Sänger Falcão von der Gruppe O Rappa engagiert, er ist in Brasilien sehr berühmt.

„Vem pra rua“, singt Falcão. „Komm auf die Straße, denn die Straße ist die größte Tribüne Brasiliens“. Das Video (siehe Bild) wurde auf YouTube seit Mitte Mai millionenfach geklickt. „Komm auf die Straße“, rufen die jungen Leute, die zu Hunderttausenden durch Brasiliens Städte ziehen – die größten Demonstrationen im Land seit mehr als 20 Jahren.

Welchen Anteil Fiat wirklich an den Protesten hat, ist schwer zu sagen. Den Spruch „Vem pra rua“ gibt es schon länger. Und doch trifft nicht nur an dieser Stelle Fiat den Nerv der Zeit. „Quem é o líder?“, wird in einem anderen Werbevideo gefragt. Wer ist der Anführer? Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hat angekündigt, mit den Anführern der Bewegung in den Dialog zu treten. Nur wer ist das?

Getroffen hat sie sich dann mit dem Movimento Passe Livre, das gegen die jüngste Erhöhung der Fahrpreise in São Paulo viele Menschen mobilisieren konnte. Nur sagen die Aktivisten selbst, dass sie die Proteste nicht mehr kontrollieren können und wollen. Es gibt keine Anführer.

Bei YouTube werden jetzt Demovideos mit dem Werbelied unterlegt. Fiat aber hat seine Kampagne, die laut Werbeagentur bis Ende 2014 laufen sollte, stark zurückgefahren. Im Fernsehen wird der Film nicht mehr gezeigt. Der Autohersteller hat erklärt, man wolle keinen Profit schlagen aus einer Bewegung, die der ganzen Gesellschaft gehöre. SEBASTIAN ERB

Ausland SEITE 10