„Was es heißt, weiß zu sein“

KUNST Die StudentInnen der „Performance Studies“ bringen ihre Abschlussarbeiten auf die Bühne

■ 27, hat selbst „Performance Studies“ studiert und ist seit Oktober 2012 Koordinator des Studiengangs.

taz: Herr Leifert, wer an Performance-Art, also Aktionskunst, denkt, dem fällt schnell das Wort Provokation ein. Wollen Sie provozieren?

Jonas Leifert: Das war in den 60er-Jahren auf jeden Fall Ziel dieser Kunstform, also in der Ursprungszeit. Da waren Performances schon mit einer Art von Systemkritik verbunden. Das ist aber nicht der Performance-Begriff, den wir im Studiengang verwenden. Unser Verständnis ist weiter gefasst und schließt Cultural Performances, Theateraufführungen, aber auch Choreografie und Tanz als Performance mit ein.

Der Studiengang, wie er an der Hamburger Uni angeboten wird, ist einzigartig in Europa. Genau. Es gibt eine Mischung von Theorie und Praxis, weil wir davon ausgehen, dass Künstler auch wissenschaftliches Handwerkszeug brauchen, um die eigene künstlerische Arbeit besser reflektieren zu können. Das ist der Hauptansatz dieses Studiengangs.

In den Performances werden Themen wie beispielsweise Alltagsrassismus angesprochen. Verarbeiten die KünstlerInnen eigene Erfahrungen?

Schon, aber die Stücke sind total unterschiedlich – die Studierenden haben alle einen anderen Hintergrund. Die Absolventin Paula Führer setzt sich sehr mit dem Thema Rassismus und der Frage, was es heißt, schwarz oder weiß zu sein, auseinander. Am Freitag dem zweiten Programmabend, zeigen wir eine ähnliche Performance von Julia Friese. Sie wollte ursprünglich mit einer afrikanischen Gruppe zusammenarbeiten und hat die Künstler nach Deutschland eingeladen. Deren Visum ist allerdings nicht bewilligt worden. Dieser Prozess wurde dann ebenfalls in der Performance thematisiert.

Wie sind die Zukunftsperspektiven der AbsolventInnen?

Das ist ganz unterschiedlich. Mittlerweile sind aber schon sehr viele unserer AbsolventInnen in der Hamburger Kulturszene fest verwurzelt. Letztes Wochenende wurden auf K3, dem Zentrum für Zeitgenössischen Tanz auf Kampnagel, Nachwuchsarbeiten von ehemaligen StudentInnen gezeigt. Demnächst läuft die Premiere von einem Performance-Kollektiv, bei dem drei unserer AbsolventInnen mitmachen. Zurzeit proben sie noch im Gängeviertel. Es geht um eine Performance im öffentlichen Stadtraum. In Hamburg finden immer wieder Veranstaltungen statt, an denen unsere StudentInnen beteiligt sind.INTERVIEW: MIRIAM KERN

heute bis Sonntag, jeweils 19 Uhr, Kampnagel