Unkontrollierte Pflege

VERSORGUNG Seit 2010 sollen die Behörden auch ambulante Pflegedienste kontrollieren. Löbliche Initiative, sagt der Sozialverband Deutschland. Aber eine kleine Anfrage ergab jetzt: Es gibt gar nicht genug Personal

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) kritisiert die Umsetzung des Hamburger Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz. Die Initiative, auch ambulante Dienste und betreute Wohnformen zu kontrollieren, sei zwar löblich, aber es hake bei der Ausführung. Eine kleine Anfrage der FDP bestätige, was der SoVD bereits vermutete. „Die Zahl der zu prüfenden Einrichtungen hat sich fast verdreifacht“, sagt die SoVD-Landesgeschäftsführerin Karin Wöhrmann. Es seien aber kaum Stellen dazu gekommen. Das sei keine ernsthafte Lösung.

Danach sah es zunächst aus. „Pflegequalität am Puls der Zeit“ – das war das Ziel der Hamburger Gesetzesinitiative 2010. Als erstes Land nahm es nach der Föderalismusreform die Möglichkeit wahr, mit einem ländereigenen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz auch ambulante Pflegedienste und betreute Wohnformen in die staatlichen Qualitätskontrollen einzuschließen. Bis dahin regelte das alternative Heimgesetz des Bundes nur Kontrollen in stationären Pflege- und Altenheimen.

Der SoVD fordert jetzt mehr Kapazitäten, damit die momentan 913 Pflegeanbieter und einrichtungen ähnlich dicht geprüft werden können, wie die rund 330 stationären Heime. Allein an ambulanten Pflege- und Betreuungsdiensten sind nach Angaben der AOK 2010 360 zu überprüfende Stellen dazugekommen. Dazu kommen noch mehr Einrichtungen wie etwa betreute Wohnformen.

Bisher haben aber lediglich die Wohn- und Pflegeaufsichten der Bezirke Wandsbek und Altona jeweils zwei Stellen geschaffen. Und in Wandsbek zeigen die Erfahrungen, dass die Personalkapazitäten immer noch nicht ausreichen, um adäquat zu kontrollieren, sagt Behördensprecherin Lena Voß.

Die zuständige Gesundheitsbehörde sieht aber keinen Handlungsbedarf. Denn die Hamburger Lösung sehe laut Behördensprecher Rico Schmidt lediglich Stichproben und Prüfungen aus gegebenem Anlass vor. „Im Rahmen der Stichprobe sollen jährlich fünf Prozent der Dienste geprüft werden“, sagt Schmidt. Die gesetzliche Verordnung steht allerdings noch aus. Anfang 2014 soll sie erlassen und darin dann auch die fünf Prozent festgeschrieben werden.

Der Sozialverband sieht hier eine Chance, die Stichprobenquote höher anzusetzen. „Fünf Prozent von etwa 360 ambulanten Diensten zu überprüfen, das ist lächerlich“, sagt Wöhrmann. Die Verordnung müsse mit allen zuständigen Behörden besprochen werden, um dann gemeinsam zu einer besseren Lösung zu kommen.  NADINE RÖSCH