UNTERM STRICH

Lau Kar-Leung war mit Überzeugung Old School. Anhänger des Martial-Arts-Kinos von Hongkong bestehen darauf, dass kein anderer Regisseur die wahre Essenz des traditionellen Kung-Fu so auf die Leinwand gebracht hat wie er. Und diese Essenz war kämpfen, so wie die Meister es gelehrt hatten.

Bruce Lee wurde durch eine wilde Mischung aus Kampfkünsten berühmt. Jackie Chan benutzte Kung-Fu für spektakuläre Showeffekte, die ihn zum Weltstar machten. Zeitgenosse und Kampfchoreograf Yuen Woo-Ping wurde der Martial-Arts-Regisseur von Filmen wie „Kill Bill“ und „Crouching Tiger, Hidden Dragon“. Lau Kar-Leung blieb in Hongkong in einer Welt, in der Kämpfer sich nach alter Väter Sitte die Knochen brachen. Lau Kar-Leung hatte in China den Hung-Kuen-Kampfstil gelernt, bevor er nach Hongkong emigrierte und in 73 Filmen erst als Stuntman, später als Regisseur der Kampfszenen mitwirkte. Sein Regiedebüt, „The 36 Chambers of the Shaolin“ von 1978, präsentiert eins der extremsten Regimente der Körperstählung und Selbstüberwindung, das jemals im Kino zu sehen war. Diese Mischung aus Sadismus und Fetischismus – nein, auf so was wäre weder de Sade noch Sylvester Stallone jemals gekommen. In Filmen wie „The Eight Diagram Pole Fighter“, „Dirty Ho“ und „Legendary Weapons of China“ komponierte er Kampfszenen, die sich in puncto Eleganz mit den schönsten Tanzszenen von Fred Astaire und Ginger Rogers messen können. Zuletzt hat ihn Tsui Hark als Hommage an das goldene Zeitalter des Hongkong-Kinos in „Seven Swords“ (2005) besetzt – da war der Meister schon schwer krank. Lau Kar-Leung ist am Dienstag im Alter von 78 Jahren in Hongkong an Krebs gestorben.

TILMAN BAUMGÄRTEL