Soziale Spaltung quer durchs Studium

PRIVILEGIEN Wer keine studierten Eltern hat, profitiert kaum vom Ausbau der Hochschulplätze. Selbst Stipendien und Auslandsjahre sind stark ungleich verteilt. Durchschnittsstudi hat 864 Euro im Monat

BERLIN taz | Trotz aller Mühen, mehr junge Menschen an die Unis zu bringen – die Chancen auf ein Studium hängen unverändert von der sozialen Herkunft ab. Das zeigt die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes. Von 100 Akademikerkindern schaffen es 77 an die Hochschulen. Von 100 Kinder aus Nichtakademikerhaushalten sind es nur 23.

Dabei wurden die Studienplätze zuletzt stark ausgebaut. 55 Prozent eines Altersjahrgangs nahmen 2012 ein Studium auf. Die Daten des Studentenwerks zeigen nun: Von dem Studienplatzausbau profitieren bildungsferne Schichten bislang kaum. Auf den ersten Blick scheinen sogar nur Akademikerkinder etwas davon zu haben: 71 von 100 waren es in der letzten Sozialerhebung, die selbst ein Studium aufnahmen. Laut der Autorin der Studie, Elke Middendorff vom Hochschulforschungsinstitut HIS, kann das aber auch daran liegen, dass seither die Erhebungsmethode geändert wurde.

Dieter Timmermann, Präsident des Deutschen Studentenwerks, bezeichnete die soziale Ungleichheit beim Hochschulzugang als „erschreckend“: „Dagegen hat die deutsche Bildungspolitik bislang weder Rezept noch Konzept“, bemängelte er.

Der Einfluss der Herkunft setzt sich auch innerhalb des Studiums fort. So bekommen 5,8 Prozent der Studierenden aus Akademikerfamilien ein Stipendium eines Begabtenförderwerks oder ihrer Hochschule; insgesamt sind es nur 4 Prozent. Die Schere geht auch bei der Auslandsmobilität auf. Wer studierte Eltern hat, macht doppelt so häufig ein Auslandssemester oder ein Praktikum in der Ferne wie die Kommilitonen aus nichtakademischem Elternhaus.

Positiv ausgewirkt hat sich offenbar die Abschaffung der Studiengebühren: In den Bundesländern, in denen es keine Gebühren mehr gibt, mussten deutlich weniger Studierende für ihren Lebensunterhalt jobben. Der Durchschnittsstudent hat monatlich 864 Euro zur Verfügung, ein gutes Viertel aller Studierenden bezieht Bafög. Bund und Länder verhandeln derzeit über eine Erhöhung der Bafög-Sätze. BERND KRAMER