Proleten in Nadelstreifen

FUCK Zwei Spitzenmanager der auch mit Steuermilliarden nicht zu rettenden Anglo Irish Bank lassen in automatisch aufgezeichneten Telefonaten bis tief in ihren „Arsch“ blicken

„Deutschland, Deutschland über alles“, kräht einer der Banker ins Telefon, und beide lachen sich über die „fucking Germans“ schlapp, die wohl naiv genug sind, sogar in ihre Bank zu investieren

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Sie sind nicht nur dreist, sondern auch dumm und ungehobelt. Die Spitzenmanager der irischen Pleitebank Anglo Irish, die zu Boomzeiten den Aufstieg Irlands zum „keltischen Tiger“ symbolisierte und die Bauwut im Lande finanzierte, haben sich am Telefon in Gossensprache darüber lustig gemacht, wie sie den Staat betrogen haben. Dabei hätten sie wissen müssen, dass ihre Bank sämtliche Gespräche automatisch aufzeichnet. Die Bänder sind jetzt dem Irish Independent in die Hände gefallen.

In einem der Gespräche aus dem Jahr 2008 erklärt Kapitalmarktchef John Bowe seinem Bankchef David Drumm, dass man gegenüber der Regierung zunächst nur von 7 Milliarden Euro Finanzbedarf gesprochen habe – um sie ins Boot zu holen, damit sie immer weiteres Geld nachschießt, um die ursprüngliche Summe abzusichern. Die Zahl sei willkürlich, er habe sie sich „aus dem Arsch gezogen“, sagt Bowe. Am Ende waren es dann 30 Milliarden Euro, und die Bank war trotzdem bankrott – und der Staat ebenfalls. Anglo Irish wurde zunächst verstaatlicht und im Frühjahr abgewickelt.

Das Telefonat zwischen Bankchef David Drumm und Kapitalmarktchef John Bowe hört sich an wie ein Gespräch zwischen zwei Kleinkriminellen aus den Dubliner Slums, die gerade einen kleinen Versicherungsbetrug gelandet haben. In Wirklichkeit waren die beiden dabei, kichernd die Wirtschaft Irlands für Jahrzehnte zu ruinieren. „Ein weiterer Tag, eine weitere Milliarde“, witzelt Drumm über die Kapitalflucht aus seiner Bank. Dann verhängt die irische Regierung eine Bankgarantie, und Drumm erwartet, die naiven deutschen Banken und Anleger anlocken zu können. Daraufhin bricht Bowe in Gesang auf Deutsch aus. „Deutschland, Deutschland über alles“, kräht er ins Telefon, und beide lachen sich über die „fucking Germans“ schlapp.

Die irische Freude am Fluchen ist berüchtigt. Patrick Weston Joyce schrieb im Jahr 1910: „Während sie sich beim Fluchen innerhalb sicherer Grenzen bewegen, muss dennoch zugegeben werden, dass viele Menschen eine geheime Bewunderung für einen guten, ausgewogenen Fluch hegen, solange er nicht durch Gottlosigkeit schockiert.“ Die Zeiten haben sich geändert. Heute sind viele Schimpfwörter und Verwünschungen aus der Sexualsphäre entliehen, vor allem das vielseitig verwendbare Wörtchen „fuck“, das sich kaum übersetzen lässt, wenn es als Fluch gemeint ist. Man kann praktisch alles damit umschreiben. Manche Iren scheinen ihren Adjektiv-Wortschatz weitgehend auf „fucking“ – oder verschämter: „fecking“ – zu beschränken, mit dem jedes beliebige Substantiv verziert wird.

Banker gehörten nach landläufiger Meinung nicht zu dieser Spezies. Drumm und Bowe belegen das Gegenteil. Sie garnieren jeden zweiten Satz mit „fucking“, Bowe empfiehlt den Stinkefinger für Politiker und Kunden, die sich Sorgen machen, und äfft sie mit albern verzerrter Stimme nach: „Es ist fucking furchtbar, was da passiert.“ Bowe bedauert, dass er diese Gespräche nicht auf Tonband mitgeschnitten habe – „zum fucking Spaß“. Das taten jedoch andere für ihn, und nun gibt er sich zerknirscht: Er habe die Bemerkungen aus dem Ärmel geschüttelt. Da muss er ziemlich lange geschüttelt haben, denn die Gossensprache zieht sich durch sämtliche bisher bekannt gewordenen Telefonate.

Die Regierung will wie immer in Krisenfällen eine parlamentarische Untersuchung einleiten. Wozu? Das Geld ist futsch und muss von den Steuerzahlern über mindestens 30 Jahre abgestottert werden. Bestraft werden die Manager ohnehin nicht, dazu ist der Untersuchungsausschuss nicht befugt. Er kann höchstens empfehlen, dass sich die Bankmanager schämen und den Mund mit Seife auswaschen.