Auf Kosten der Lehre

Rechnungshof warnt vor Geldverschwendung durch Wissenschaftsbehörde und Hochschulen. Beteiligung an Firmen „grob mangelhaft“ verwaltet

„Mit dem Geld hätten Studiengänge an der Uni gerettet werden können“

von EVA WEIKERT

Als der Landesrechnungshof vor einer Woche seinen Jahresbericht 2006 vorstellte, fielen sie in der langen Liste der städtischen Verschwendungssünder gar nicht auf: die Hochschulen und ihr Dienstherr, Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos). Und das, obwohl das Kontrollgremium „in großer Zahl“ Verstöße gegen das Haushaltsrecht durch Lehrstätten und Wissenschaftsbehörde konstatierte. Misswirtschaft herrscht demnach in zehn Firmen, deren Gesellschafter Hochschulen und Stadt sind. „Wir beobachten Wildwuchs und unbeaufsichtigtes Gebaren“, so Rechnungshof-Direktor Uwe Martens. Im Zentrum der Kritik steht die Uni. Ihr werfen die Prüfer „zusagewidrigen Einsatz von Hochschulmitteln“ vor.

Beispiele für die Praxis von Hochschulen allein, im Verbund oder mit der Stadt Unternehmen zu gründen, sind die Multimedia Kontor, eine GmbH zur Entwicklung des E-Learnings, oder die Media School. 2005 prüfte der Rechnungshof zehn solcher Firmen, darunter das Weltwirtschaftsinstitut, die Universität Hamburg Marketing GmbH und das International Center for Graduate Studies der Uni (ICGS).

Wissenschaftsbehörde und Lehrstätten hätten ihre Beteiligung an allen zehn Firmen „grob mangelhaft“ verwaltet, rügen die Prüfer: „Sie haben Berichts- und Prüfungspflichten vernachlässigt, gegen Haushaltsrecht verstoßen und keine klaren Verantwortlichkeiten hergestellt.“ Wiederholt fehlten Geschäftsanweisungen für die Leitungen und Geschäftsordnungen für den Aufsichtsrat, der sich in vielen Fällen nicht konstituiert habe.

Besonders „krasse“ Fehler habe die Uni gemacht. Weil es sich nicht trug, pumpte sie 2005 aus ihrem Etat 100.000 Euro in ihr ICGS, ein Betreuungsangebot für Graduierte aus dem Ausland. Zudem mietete sie für die ICGS-Studenten für 20 Jahre ein Haus an zu einem jährlichen Preis von über 150.000 Euro. Der Senat hatte indes vor Gründung des ICGS der Bürgerschaft versichert, das Zentrum werde rein privatwirtschaftlich finanziert. Auch die Uni hatte beteuert, ihr Etat werde nicht angetastet.

Ebenfalls von der Hochschule subventioniert wurde bisher die Marketing GmbH. Aufgabe der Uni-Tochter ist es, durch Vermietung von Räumen Geld für die Hochschule zu generieren. Doch das klappt offenbar nicht: Laut Rechnungshof steigerte die Uni ihre 125.000-Euro-Anschubfinanzierung durch Übernahme von Personalkosten bis Ende 2004 auf mindestens 238.000 Euro, ohne die Rückzahlung „näher“ zu regeln. Zugleich seien Einnahmen aus der Vermietung ihrer Räume nicht der Uni, sondern der GmbH zugeflossen.

„Vor dem Hintergrund von Verwaltungs- und Studiengebühren ärgert uns diese Verschwendung sehr“, reagierte der AStA. Die Uni-Leitung investiere in „unnütze Projekte, die den normalen Studienbetrieb nicht verbessern“. Auch die Grüne Jugend Hamburg erklärte, es sei „erschreckend“, wie das ohnehin knappe Geld in sinnlosen Projekten „verschleudert“ würde. Mit dem in die Marketing GmbH gepumpten Geld hätten inzwischen geschlossene Studiengänge gerettet werden können.

Das Uni-Präsidium versprach derweil dem Rechnungshof, sich um die Auflösung des Mietvertrages für das ICGS zu bemühen. Auch strebe man an, eine Kostendeckung beider Unternehmen und die Rückzahlung der zugebutterten Mittel sicherzustellen.