: Natürlich schön statt verstopfter Poren
Naturkosmetik, zu der nicht nur Pflegeprodukte, sondern auch natürliche Heilmittel gezählt werden, bekommt dieses Jahr auf der BioFach einen eigenen Auftritt. Rund 200 Aussteller werden auf der „Messe in der Messe“ ihre neuesten Erzeugnisse und Ideen präsentieren. Die Nachfrage steigt deutlich an
VON SOPHIE DIESSELHORST
Nach Rosenöl und Kräutern riecht es, wenn man den kleinen Laden in Berlin-Kreuzberg betritt. „Rote Lippen Naturkosmetik“ steht außen dran – der Name ist Programm. „Wir verkaufen nur kontrollierte Naturkosmetik“, sagt Kosmetikerin Bettina Paulke. Die erkenne man am BDIH-Gütesiegel. Um dieses Siegel zu erhalten, muss ein Produkt ausschließlich aus pflanzlichen oder von lebenden Tieren gewinnbaren Rohstoffen hergestellt sein. Synthetische Farb- und Duftstoffe sowie Silikone und Paraffine dürfen nicht verwendet werden. Auch für den Herstellungsprozess sind strenge Regeln vorgegeben: So sind zum Beispiel Tierversuche nicht gestattet.
„Chemische Kosmetik enthält Mineralöl. Das lagert sich in der Haut ab und verstopft die Poren“, sagt Bettina Paulke. Die in Naturkosmetik enthaltenen Pflanzenöle schmierten die Haut hingegen nicht zu. „Nur so kann man seine Hautfunktionen optimieren.“ Um sich über die neuesten Entwicklungen und Trends in der Branche zu informieren, fährt Ladeninhaberin Ursula Toussaint alle zwei Jahre auf die BioFach. Seit 2000 haben sich Ausstellerzahl und vermietete Fläche des Naturkosmetikbereichs auf der BioFach verdoppelt. Deswegen bekommt die Naturkosmetik, zu der nicht nur Pflegeprodukte, sondern auch natürliche Heilmittel gezählt werden, dieses Jahr einen eigenen Auftritt. „Rund 200 Aussteller werden auf der ‚Messe in der Messe‘ dem Fachpublikum ihre neuesten Erzeugnisse und Ideen präsentieren“, sagt Petra Trommer, Sprecherin der BioFach. Darunter sind Marken aus Italien, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Japan, Belgien, den Niederlanden, den USA, Großbritannien und Rumänien. Drei Viertel der Aussteller kommen aus Deutschland. „Deutschland ist ein besonders starkes Naturkosmetikland. Die Naturkostbewegung hat hier ihre Wurzeln, und sie hat den Weg für ein größeres Bewusstsein auch in anderen Bereichen geebnet“, erklärt Trommer.
Nicht jeder Aussteller hat einen eigenen Stand. So präsentiert sich die deutsche Marke Tautropfen zusammen mit ihrer Mutterfirma Annemarie Börlind mit einem 220 Quadratmeter großen Stand. „Auf der Neuheiten-Show werden wir unsere Charisma-Serie und unser Anti-Aging-Fluid vorstellen“, erzählt Daniela Lindner, Sprecherin von Tautropfen. „Beide Produkte sind für die Regeneration älterer Haut entworfen.“ Die Nachfrage nach erweiterter und speziellerer Pflege sieht Daniela Lindner als einen deutlichen Trend des letzten Jahres. „Es gibt für alles natürliche Wirkungsstoffe, auch gegen Falten: Wir verwenden pflanzliche Hormone aus nicht gentechnisch verändertem Soja“, sagt sie. Neben der täglich stattfindenden Neuheitsshow, in der wechselnde Marken an einem zentralen Punkt der Naturkosmetikhalle ihre neuen Erzeugnisse vorstellen, werden wie in allen anderen Bereichen der BioFach die „Renner des Jahres“ prämiert. Die drei umsatzstärksten Produkte des vergangenen Jahres werden von BioVista ermittelt. Das unabhängige Handelspanel wertet die Verkaufsdaten von Naturkostläden und Bio-Supermärkten in ganz Deutschland aus. Dem aktuellen „Branchenreport Naturkosmetik“ zufolge ist der größte Absatzkanal für Naturkosmetik der Fachhandel: 55 Prozent der verkauften Produkte gehen in Naturkostfachgeschäften, Reformhäusern und Naturkosmetikfachgeschäften über den Ladentisch. Der Marktanteil der Naturkosmetik am deutschen Gesamtkosmetikmarkt liegt derzeit bei etwa vier Prozent, was 450 Millionen Gesamtumsatz pro Jahr entspricht. „Ich schätze, dass die zertifizierte Naturkosmetik in fünf Jahren einen Marktanteil von sieben Prozent erreichen kann“, sagt Christoph Spahn, Geschäftsführer von BioVista.
Bei Körperpflege und dekorativer Kosmetik wurden 2005 Wachstumsraten von über zehn Prozent verzeichnet. „Es gibt mehr Allergien, die Menschen vertragen immer weniger.“ So erklärt sich Daniela Lindner von Tautropfen die wachsende Beliebtheit von natürlichen Pflegeprodukten. Die Kernzielgruppe seien nach wie vor Frauen ab 30. Besonders Frauen über 50, die sich in ihrem ganzen Lebenswandel noch einmal neu orientieren wollen, wendeten sich in letzter Zeit verstärkt natürlicher Kosmetik zu. „Sie möchten sich und der Umwelt etwas Gutes tun“, so Lindner. Paulke bestätigt diesen Trend. „Bei uns kaufen vor allem Frauen mittleren Alters ein. Aber auch jüngere Frauen entdecken zunehmend die Vorteile einer natürlichen Pflege.“
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