Investoren verlassen den goldenen Hafen

GELDANLAGE Andeutungen über ein baldiges Ende der Niedrigzinspolitik lassen den Goldpreis abstürzen

BERLIN taz | Der Goldpreis stürzte in der vergangenen Woche so rasant ab wie seit den 1920er Jahren nicht mehr. Am Freitag war die Feinunze (31,1 Gramm) schon für 1.180,50 US-Dollar oder 906 Euro zu haben. Der Preis ist damit erstmals seit drei Jahren wieder unter die Marke von 1.200 US-Dollar gefallen. Seit Jahresbeginn beläuft sich das Minus auf fast 30 Prozent.

In Zeiten der Krise gilt Gold als sicherer Hafen. Offenbar glauben also viele Investoren an ein Ende der Krise und verabschieden sich daher von der zwar sicheren, aber auch unverzinsten Anlage in Münzen und Barren. Zwar war in den USA das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal dieses Jahres mit 1,8 Prozent niedriger als erwartet ausgefallen. Aber der Immobilienmarkt hat sich wieder gefangen, und die Amerikaner konsumieren mehr. Zudem schwindet angesichts einer Inflationsrate von nur 1,4 Prozent in Europa und in den USA die Angst vor einer Geldentwertung, die Anleger in Gold und andere Sachwerte getrieben hatte.

Den Anlass für den aktuellen Kurssturz hatten Andeutungen von US-Notenbankchef Ben Bernanke geliefert: Wenn die Wirtschaftslage weiter so stabil sei, werde er das milliardenschwere Anleihenaufkaufprogramm auslaufen lassen, mit dem er bislang die Konjunktur gestützt hatte. Das wäre das Ende des billigen Geldes. Sobald es aber für andere als sicher geltende Anlagen wie etwa US-Staatsanleihen wieder höhere Zinsen gibt, wird Gold zunehmend uninteressant.

Aufwärtstrend gebrochen

Investmentbanken wie Goldman Sachs und bekannte Spekulanten wie George Soros hatten den Goldboom daher schon vor einiger Zeit für beendet erklärt. „Es scheint eindeutig, dass nach zehn Jahren steigender Kurse der Aufwärtstrend in den vergangenen Monaten gebrochen ist“, erklärte jetzt ein Analyst der Großbank Credit Suisse.

Als weiteren Grund für den Absturz des Goldpreises nennen Analysten den hohen Dollarkurs, denn schließlich wird der Goldpreis immer im US-Dollar notiert. Da Goldkäufer außerhalb der USA daher erst einmal teure Dollar erwerben müssen, belastet der hohe Dollar-Wechselkurs die Nachfrage. NICOLA LIEBERT