IM PARK IN DAHLEM
: Wer spielt, hat Recht

Die Kirche am Ende der Grünfläche wacht über dieses Parkidyll

Im beschaulichen Berliner Südwesten warten in den vielen öffentlichen Grünflächen zahlreiche Tischtennisplatten darauf, bespielt zu werden. Also schwingen wir uns aufs Fahrrad gen Triestpark in Dahlem. Auf der frischgemähten Wiese haben sich hie und da Familien niedergelassen, Wochenendväter beaufsichtigen den Nachwuchs beim Toben im Sand oder beim Fußball.

Sehr rosa gekleidete Mädchen schaukeln, sehr blonde Jungen streifen mit konzentrierten Mienen durchs Revier. Die Jesus-Christus-Kirche am Ende der Grünfläche wacht über dieses Park- und Familienidyll, einzig ein wildes Tier scheint die Überreste eines Kindergeburtstags in der vergangenen Nacht aus dem Mülleimer gefleddert zu haben.

Unter Lindenbäumen üben wir eine Weile ehrgeizig Vor- und Rückhand, wobei uns gelegentlich alberne Rufe entfahren. Die Platte spielt sich gut in dieser gepflegten Umgebung aus Licht, Luft und Schatten. Erst allmählich merken wir, dass um uns herum die Dichte an gefüllten Einkaufskörben und zusammengerollten Picknickdecken steigt. Die heranströmenden Mittvierziger mustern uns pikiert, als hätten sie Schwierigkeiten mit der logischen Schlussfolgerung Platte + Schläger + Ball = Spiel. Zudem entlarven uns die Fahrräder als Nichtanwohner.

Mit großen Gesten werden auf der Platte nebenan schließlich stapelweise Plastikteller und -becher und -flaschen ausgepackt, die Wassermelone wird im Hackenporsche angefahren. Unsere Blicke erhaschen Zahnstocherspieße mit Cocktailtomaten und Mozzarellakugeln, von irgendeinem Pie naschen die Kinder. Die Erwachsenen, also vornehmlich Ehegattinnen, halten sich von Essbarem vornehm zurück, stehen stattdessen stocksteif um die Platte herum und mühen sich um heitere Konversation. Wir wagen ein Match und denken bei uns: Wer spielt, hat Recht.

FRANZISKA BUHRE