Die Mehrheit bleibt Minderheit

GLEICHSTELLUNG Landesfrauenrat und Opposition kritisieren, dass die Gleichstellung in Hamburg nur langsam vorankommt. Zu wenig Frauen säßen in Aufsichtsräten und selbst in der Politik seien sie unterrepräsentiert

„Hamburg ist und bleibt eine Stadt in den Händen von Männern“

CHRISTA RANDZIO-PLATH, FRAUENRAT

VON LISA FRANKENBERGER

Ginge es nach dem Landesfrauenrat Hamburg, es gäbe am 8. März keinen Grund zum Jubeln. Denn wie schon vor 100 Jahren müssten Frauen auch heute noch um ihre Teilhabe an politischer und wirtschaftlicher Macht kämpfen. „Noch immer sind in Senat, Bürgerschaft und Bezirksversammlungen Frauen zu weniger als 50 Prozent vertreten, obwohl sie die Mehrheit der Wählerschaft stellen“, sagt die Vorsitzende des Verbandes, Christa Randzio-Plath.

Noch beschämender falle die Bilanz dort aus, wo es um wirtschaftliche und soziale Macht gehe. So seien nicht einmal zehn Prozent der Vorstands-, Aufsichtsrats- und Beiratsfunktionen von Frauen besetzt. „Hamburg ist und bleibt eine Stadt in den Händen von Männern“, sagt Randzio-Plath.

Um dies zu ändern, richtete die Innenbehörde im August 2009 die Arbeitsstelle Vielfalt ein. Vor zwei Monaten hat die Stelle ihre Arbeit aufgenommen und soll nun für mehr Gleichstellung in den öffentlichen Behörden Hamburgs sorgen. Kaum angefangen, sorgt die Einrichtung bereits für Diskussion. „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, sagt etwa CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Karen Koop. Damit fordert sie die Opposition auf, erst einmal die Ergebnisse der Arbeitsstelle Vielfalt abzuwarten. Doch sind sich SPD und Linkspartei einig darin, dass in Hamburg mehr für die Gleichstellung von Frauen getan werden muss. Und das nicht nur in öffentlichen Ämtern, sondern auch in der Wirtschaft.

Hier verdienen sie fast ein Viertel weniger Geld als ihre männlichen Kollegen, und sie haben es schwerer, in Führungspositionen aufzusteigen. Die Gründe dafür sehen die beiden Oppositionsparteien in fehlenden Gleichstellungsgesetzen. So betrage der Frauenanteil in Aufsichtsräten von stadteigenen Firmen und Gesellschaften nur 19 Prozent. Laut SPD gibt es weiterhin viele Unternehmen in Hamburg, in denen nicht eine Frau im Vorstand sitzt. Ein Beispiel dafür ist die Hochbahn AG.

Mittlerweile habe sich das aber geändert, sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum mit. Mit Ulrike Riedel sitzt nun seit März des vergangenen Jahres eine Frau im Vorstand. Auch auf der Bereichsleiterebene habe man mittlerweile 25 Prozent Frauen. Eine Quotierung gebe es bei der Hochbahn zwar nicht, dafür aber einen Personalentwicklungsplan. „Wir setzen uns verstärkt für die Gleichstellung im Unternehmen ein“, sagt Kreienbaum.

Trotzdem fordert die SPD vom Hamburger Senat, eine Bundesratsinitiative zu gründen, die darauf abzielt, dass bis 2015 die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften mindestens zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen.

Doch sucht man solch eine Frauenquote schon in der Politik vergebens. Von den Fraktionen in der Hamburger Bürgerschaft haben alleine zwei eine verbindliche Quote. Deshalb teilen sich in der GAL sieben Frauen und fünf Männer die Bürgerschaftsbank. Die Fraktion der Linkspartei in der Bürgerschaft wird von vier Frauen und vier Männern gebildet. Ganz anders die CDU: Die Regierungspartei wird von 15 Frauen aber 41 Männern im Parlament vertreten.

Einen Frauenquote lehnt die CDU-Abgeordnete Karen Koop allerdings ab. „Niemand denkt darüber nach, ob eine solche denn überhaupt sinnvoll ist“, sagt sie. Das Beispiel Norwegen zeige Koop zufolge deutlich, dass gegen diese Zwangsmaßnahme auch Widerstand entstehen könne. Außerdem kämen dort mittlerweile zu viele Stellen auf zu wenige Frauen.

Die Fraktion der Linkspartei hält die Quote hingegen durchaus für wirkungsvoll: „Wenn die CDU beweisen kann, dass nach der nächsten Bürgerschaftswahl 50 Prozent der Abgeordneten ihrer Partei Frauen sind, dann glaube ich, dass es auch ohne eine Frauenquote gehen kann“, sagt die linke Abgeordnete Dora Heyenn. Sie gibt zu, dass Gras vielleicht nicht schneller wachse, wenn man daran zieht. „Wohl aber, wenn man es düngt“, sagt Heyenn.