pandemiepolitik
: Vogelwild gegen Wildvögel

Die Angst der Menschen vor der Vogelgrippe richtet sich gegen die üblichen Verdächtigen: Seit einer Woche wird Jagd gemacht auf tote Wildvögel. Bereits seit Herbst gelten Zugvögel, wie die Wildenten am Niederrhein, als virulente Schlepperbande. Nur noch eine Frage der Zeit, bis Jäger die Vogelzügler ganz verjagen wollen – zuletzt wurde ihnen bereits der Kormoran zum Abschuss überlassen. Wir können einen uralten Reflex bestaunen: Die nicht domestizierte Natur macht dem Menschen erst bange und dann Beine.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Dabei sind es Menschenhände, die sich an Tiertransport oder Fleischschmuggel bereichern. Als globaler Übertragungsfaktor ist das mindestens so brisant wie ziehende Wildvögel. Außerdem: Warum verendeten die ersten Tiere eigentlich ausgerechnet vor der Insel Riems, wo Deutschlands wichtigstes Institut für Tierseuchenforschung steht?

In unseren Breiten geht kaum Gefahr von infizierten Wildvögeln aus. Mitteleuropäer nähern sich Bussard oder Singschwan eher selten. Nein, zum Problem wird die gefiederte Epidemie erst, wenn sie Legebatterien und Hybridputen erreicht. Dort würde das Virus rasant mutieren, Geflügelhalter hätten enormen Schaden. Für den Endverbraucher würde sich das Erkrankungsrisiko tatsächlich erhöhen. Und zuallererst müssten Abermillionen des Federviehs verfrüht ihr Leben lassen.

Es klingt zwar angenehm abgeklärt, wie NRW-Landwirtschaftsminister Eckhard Uhlenberg (CDU) gestern zur Ruhe rief. Doch der überzeugte Agrarier tat es mit verräterischen Worten: Man habe alles im Griff, sagt er, man sei „Herr des Verfahrens“. So formuliert die menschliche Herrschaftslogik, die unterwerfen will, was kreucht und fleucht. Und letztlich ist es genau diese Denke, die die globalen Krisen in der Nahrungskette befördert: Erst durch die Massentierhaltung erreichen die Tierseuchen auch den Menschen. Überall.