Das Tigerenten-Stipendium aus NRW

FÖRDERUNG Die schwarz-gelbe NRW-Regierung hat ihr leistungsorientiertes Stipendien-Modell bereits durchgesetzt. Jetzt soll das Programm auf ganz Deutschland übertragen werden

VON OLGA KAPUSTINA

Ende Februar legte die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) einen Gesetzentwurf zum Aufbau eines nationalen Stipendienprogramms vor. Danach sollen 8 Prozent der besten Studenten mit 300 Euro im Monat beglückt werden. Die Gelder sollen je zur Hälfte vom Staat und von der Wirtschaft kommen. Dieser Entwurf verwirklicht das leistungsbezogene Stipendiensystem, das die schwarz-gelbe Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgehalten hat. Doch eigentlich weht der Wind nicht von der Spree, sondern vom Rhein. Die Idee stammt vom NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). In Nordrhein-Westfalen bekommen bereits 1.400 Studierende seit dem Wintersemester 2009/2010 dieses Stipendium. Nun soll das NRW-Modell bundesweit als Vorbild dienen.

„Liebe Studierende, nutzen Sie Ihre Chance und bewerben Sie sich!“ Der Rektor der Universität Duisburg-Essen Ulrich Radtke klickte im August 2009 auf „Verschicken“. Die E-Mail mit dem Betreff „NRW-Stipendienmodell“ wurde an mehr als 30.000 Studierende der Hochschule adressiert, landete jedoch oft im Nirgendwo. „Diese Nachricht habe ich nie bekommen“, sagt Studentin Meriem Benslim. „Ich benutze diesen Uni-Account einfach nicht.“ Eine kleine Umfrage auf dem Essener Campus zeigt: Vielen geht es genauso. Nur drei von zwanzig Studenten haben vom Stipendienmodell überhaupt schon mal gehört. Die meisten Befragten machen große Augen: „Das NRW-Stipendienprogramm? Was ist das?“

Dabei gilt die Uni Duisburg-Essen als Paradebeispiel in der Umsetzung des Stipendienmodells. Ende Mai bekam der Uni-Fundraiser Bernd Thunemeyer einen Brief vom nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium. Es versprach Stipendien für 80 Studenten. Unter einer Voraussetzung: Die Hälfte der Gelder soll die Uni selbst von Unternehmen und Stiftungen einwerben. „Wir haben doppelt so viel Sponsoren gefunden“, sagt Thunemeyer stolz. Darunter Hochtief, Evonik, Sparkasse, Volksbank Rhein-Ruhr, Kulturstiftung und Alumni-Vereine. Nun bekommen 151 Studenten in Duisburg und Essen ein Stipendium. Aber: Das sind nur 0,5 Prozent aller Studierenden.

Rund 1.850 Studierende haben sich für das Stipendium beworben. Es könnten aber viel mehr sein – wenn sie die E-Mail vom Rektor gelesen oder sich auf der Uni-Homepage erkundigt hätten. Denn Plakate oder Flyer zum Stipendium gab und gibt es auf dem Campus nicht. Bei der Informationsveranstaltung des Uni-Beratungszentrums „Stipendium? Nichts ist unmöglich!“ im Dezember, wo verschieden Förderwerke vorgestellt wurden, fiel über das NRW-Modell auch kein Wort.

Bei der Bereitstellung der Gelder können die Förderer entscheiden, welche Fächer sie unterstützen wollen. An der Uni Duisburg-Essen bekamen Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften zwei Drittel aller Stipendien. Geistes- und Naturwissenschaften gingen fast leer aus. Auch an der RWTH Aachen spiegelt die Fächerverteilung das Interesse der Wirtschaft wider: Maschinenbau (90 Stipendien), BWL (22), Architektur (2), Philosophie: (3). Die durch die Exzellenzinitiative ausgezeichnete Hochschule lockte die meisten Sponsoren an, die 196 Stipendien vergaben. „Wir haben einfach sehr gute Kontakte zur Industrie und Unternehmen“, erklärt die Fundraiserin Angela Pohl.

Der NRW-Wissenschaftsminister Pinkwart kann sich freuen. Vor einem Jahr sagte er: „Ich hoffe, dass unser Modell bundesweit Schule macht.“ Seine Worte wurden anscheinend gehört. Übrigens sponserte Herr Pinkwart selbst einen Stipendiaten. Macht Frau Schavan bald auch da mit?