ULRIKE HERRMANN ÜBER DEN EURO-BEITRITT LETTLANDS
: Ein Projekt der Eliten

Lettland taugt nicht als Vorbild. Nicht alle Länder können sich aus der Krise herausexportieren

Willkommen im Club: Die Letten werden laut Beschluss der EU-Finanzminister ab Januar 2014 mit Euro zahlen. Der Beitritt zur Einheitswährung ist ein Projekt der lettischen Eliten. Nur wenige Bürger des Landes befürworten den Euro.

Trotzdem ist es richtig, dass der baltische Staat beitritt. Es ist eine Fiktion, dass kleine Länder eine unabhängige Währung haben könnten. Gehören sie nicht dem Euro an, werden sie von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank dominiert. Lettland selbst ist dafür das beste Beispiel: Schon seit Jahren hat es den heimischen Lat an den Eurokurs gekoppelt. Wenn man sowieso von der EZB regiert wird, ist es besser, in ihren Gremien vertreten zu sein.

Falsch ist allerdings, dass Lettland als Musterbeispiel gilt, wie eine Finanzkrise zu überwinden sei. 2008 war auch in Lettland eine Immobilienblase geplatzt, danach arbeitete das Land rigoros an seiner Wettbewerbsfähigkeit. Löhne und Renten wurden gesenkt, der Staatshaushalt gekürzt und ganz auf den Export gesetzt.

Der wirtschaftliche Erfolg scheint den Letten Recht zu geben: Zwar schrumpfte die Wirtschaft zunächst um 18 Prozent, aber nun wächst sie wieder, und der Staatshaushalt ist fast ausgeglichen. Aber der Preis, den die Bevölkerung zu zahlen hatte, war extrem hoch. Das Land gehört noch immer zu den ärmsten Staaten Europas.

Lettland taugt aber vor allem deshalb nicht als Vorbild, weil es unmöglich ist, dass sich alle Euroländer gleichzeitig aus der Krise herausexportieren. Schon die reine Logik besagt, dass es Exportüberschüsse nur geben kann, wenn andere Länder ihre Importe erhöhen – und sich im Ausland verschulden.

Die gute Nachricht: Lettland ist ein kleines Land und kann mit seinem Irrweg nicht viel Schaden anrichten. Dies ist beim Giganten Deutschland leider anders, das ebenfalls auf Exportüberschüssen beharrt.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9