Drei Erzieher vom Dienst suspendiert

KINDERHEIME Trotz Belegungsstopp wird ein Jugendlicher in Einrichtung der Haasenburg GmbH zurückgebracht

Der Vorwurf bestehe, ein Jugendlicher sei von einem Mitarbeiter der Haasenburg GmbH in eine Mülltonne gesteckt und fotografiert worden

VON KAIJA KUTTER
UND KAI SCHLIETER

BERLIN taz | Das brandenburgische Bildungsministerium verschickte die Mitteilung mit dem Vermerk „Eilt“. Ministerin Martina Münch (SPD) hatte sich entschieden durchzugreifen, nachdem die Klagen von Kindern und Jugendlichen, die früher in Einrichtungen der ausschließlich profitorientierten Haasenburg GmbH untergebracht waren, nicht abebben wollten. Am Dienstagabend erließ sie vorerst einen Belegungsstopp für die Häuser des Unternehmens.

Die Ministerin könne es „derzeit nicht verantworten, weitere Kinder und Jugendliche dort unterzubringen“. Gleichzeitig wurde drei dort tätigen Erziehern verboten, weiter in dem umstrittenen Heim zu arbeiten. Diese stünden im Verdacht, „zwei Jugendliche körperlich und seelisch misshandelt zu haben“, so Münch. Am Mittwoch teilte dann die Staatsanwaltschaft in Cottbus mit, sie habe keine Informationen dazu, was zu dem Beschäftigungsverbot geführt habe. Verwirrung.

Der Ministeriumssprecher Stephan Breiding sagte der taz, die Mitarbeiter dürften in der Einrichtung nicht mehr arbeiten, weil der Vorwurf bestehe, ein Jugendlicher sei von einem Mitarbeiter der Haasenburg GmbH in eine Mülltonne gesteckt und fotografiert worden. Bei dem andere Fall gehe es darum, dass ein Mitarbeiter einem Jugendlichen sehr fest in den Po getreten haben soll. Diese Aussage habe ein Jugendlicher gegenüber dem Landesjugendamt wiederholt. „Da ist es die Aufsichtspflicht des Landesjugendamtes, zu handeln“, so der Sprecher. Nachdem die taz bei der Staatsanwaltschaft nachfragte, sagte Oberstaatsanwältin Petra Hertwig, die Sachlage habe sich nun geändert, auch in dieser Sache ermittle man.

Die Zusammenarbeit der Behörden in der Causa könnte deutlich besser verlaufen, wird beklagt.

Mittlerweile ist dem Koalitionspartner der SPD die Haltung von Ministerin Münch zu lasch. Der Vorsitzende des Jungendausschusses, Torsten Krause (Linke), sagte der taz: „Ich würde mir ein energischeres Vorgehen wünschen“. Er fordert, dass die „Beweislast umgekehrt werden muss“. Demnach solle der Träger die Vorwürfe entkräften. Es könne nicht sein, dass stets nur die Kinder Beweise zu liefern hätten.

Die bildungs- und jugendpolitische Sprecherin der Grünen in Brandenburg, Marie Luise von Halem, sagte der taz, die Heime müssten bis zur Klärung geschlossen werden. Sie stellte zudem die Unabhängigkeit der Untersuchungskommission in Frage, die das Bildungsministerium erst kürzlich zur Klärung der Vorwürfe eingesetzt hatte. „Auch die jetzige Kommission ist falsch besetzt. So eine Kommission kann keine Aufsicht betreiben.“ Sie beklagte, dass die in der Kommission Vertretenden selbst im Geschäftsfeld der Jugendhilfe tätig seien, auch ein Psychiater, der Kinder in Einrichtungen wie die der Haasenburg GmbH unterbringen würde: „Ich fordere, dass die Kommission anders besetzt wird“, so die Grüne. Ministerin Münch hatte den Experten den Auftrag erteilt, das pädagogische Konzept der Haasenburg GmbH zu beurteilen. Nach Informationen der taz soll es zwischen der SPD und der Linken auch bei der Besetzung der Kommission Unstimmigkeiten gegeben haben.

Auf taz-Anfrage teilte das Ministerium mit, dass die Kommission für ihre Tätigkeit 23.000 Euro erhalte. Das Geld stammt aus Mitteln des Bildungsministeriums. Eigentlich sollten die sechs Experten der Kommission von der Behörde unabhängig sein.

Unterdessen wurde einer der drei aus der Haasenburg GmbH geflüchteten Jungen am Mittwoch trotz Belegungsstopp erneut zurück in ein Heim der Haasenburg GmbH gebracht. Christiane Blömeke, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, nannte das Handeln des zuständigen Hamburger SPD-Sozialsenators Detlef Scheele „zynisch und unverantwortlich“. Das Bildungsministerium teilte in Brandenburg der taz mit, die Rückführung sei mit dem Belegungsstopp vereinbar, da es sich bei dem Jungen um einen Altfall handle. Allerdings sei für die Entscheidung das Amtsgericht Bergedorf verantwortlich.