portrait
: Der ewige Revolutionär von Afrika

Die politische Unbeweglichkeit eines Helmut Kohl, die intellektuelle Überheblichkeit eines Joschka Fischer, dazu die autoritäre Skrupellosigkeit eines Wladimir Putin – mit all diesen Attributen lässt sich gut erklären, worin das Paradox von Ugandas Präsident Yoweri Museveni besteht, der sich heute nach zwanzig Jahren an der Macht seiner ersten komplett freien Wahl stellt. Man kann verstehen, wieso viele Ugander ihn so verehrten, als er sich 1986 an die Spitze des Landes kämpfte – und zugleich, warum viele ihn so verachten, wenn er jetzt die Wiederwahl sucht.

1986 war Uganda in einem ähnlichen Zustand wie heute der Kongo, von Jahren des Krieges und des Staatszerfalls zerrissen. Museveni, der als Chef der Guerillabewegung Nationale Widerstandsarmee (NRA) die Hauptstadt eroberte, war da eine revolutionäre Neuerung. Nicht nur besaß er die richtige Taktik, um die Macht erst zu erobern und dann zu halten; er hatte auch die richtigen politischen Ideen, um Uganda neue Perspektiven zu bieten. Die alte Westminster-Demokratie, sagte er, reproduziere in ihrer Parteienlandschaft bloß die mörderischen ethnischen und religiösen Spaltungen des Landes. Ein Rätesystem müsse her, basisdemokratisch und zentralistisch zugleich, für den Wiederaufbau. Erst nach der Industrialisierung im Schnelldurchlauf, ohne Rücksicht auf Ideologien, könne man das wieder ändern.

Charismatisch und visionär hämmerte Museveni dies seinen Landsleuten pausenlos ein. Uganda erlebte mit Erstaunen, wie im Großteil des Landes Frieden einkehrte und die Wirtschaft aufblühte. Museveni, Vordenker der afrikanischen 68er um Tansanias Revolutionsführer Julius Nyerere, dachte in Generationen, nicht in Legislaturperioden. In immer mehr Ländern kämpften sich seine Gesinnungsgenossen an die Macht – Südafrika, Äthiopien, Ruanda, Kongo. Bald regierte diese „neue Generation“ fast im gesamten südlichen und östlichen Afrika.

Doch da, in den 90er-Jahren, begann Museveni abzuheben. Vom Indischen bis zum Atlantischen Ozean wollte er die Modernisierung verbreiten, mittels Militärinterventionen. Seine Armee wurde zur wichtigsten Säule seiner Macht. „Bismarck am Nil“ tauften ihn seine Kritiker. Den fälligen Generationenwechsel zu Hause trieb er nicht voran. So trennten sich enge Mitstreiter von ihm.

Heute träumt Museveni immer noch von Afrikas strahlender Zukunft, mit sich als Held. Es sei überhaupt nicht einzusehen, warum weniger intelligente Leute als er Uganda regieren sollten, tönte Museveni dieses Jahr im Wahlkampf. Selbst wenn er siegen sollte: Sein guter Ruf gehört der Vergangenheit an. DOMINIC JOHNSON

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